Humanitäre Krise droht in Nordkorea
Schlechte Ernte durch Überschwemmungen - Preise für Grundnahrungsmittel sind stark angestiegen
Bangkok - Das UN World Food Programme (WFP) hat heute vor einer humanitären Krise in der Demokratischen Volksrepublik Korea (Nordkorea) gewarnt. Kurz zuvor war bestätigt worden, dass auch aufgrund der Überschwemmungen im August 2007 die Ernte im Land dramatisch niedrig ausfallen werde. Die Preise für Grundnahrungsmittel haben sich in der Hauptstadt Pjöngjang im vergangenen Jahr bereits verdoppelt.
„Die Ernährungssituation in Nordkorea ist sehr schlecht und wird noch schlechter“, sagte Tony Banbury, WFP-Regionaldirektor in Asien. „Es wird immer wahrscheinlicher, dass nur mit Hilfe von außen eine Tragödie verhindert werden kann.“
Nach kürzlich bekannt gegebenen Hochrechnungen der UN Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) droht Nordkorea 2008 ein Nahrungsdefizit von 1,66 Millionen Tonnen. Dies ist fast doppelt so hoch wie in 2007 und das höchste Nahrungsdefizit seit 2001.
Die Preise für Grundnahrungsmittel haben sich in Pjöngjang schon in 2007 in etwa verdoppelt: Reis kostet nun etwa 2.000 Won pro Kilogramm (April 2007: 700-900 Won), Mais kostet etwa 600 Won pro Kilogramm (April 2007: 350 Won). Das durchschnittliche Monatsgehalt eines Arbeiters beträgt nur etwa 6.000 Won.
„Dieser rapide Anstieg der Preise für Nahrungsmittel bestätigt die Befürchtungen des WFP: in Nordkorea drohen dieses Jahr Hungersnöte in größerem Ausmaß“, sagte Jean-Pierre Margerie, WFP-Landesdirektor in Pjöngjang. „Jetzt kostet es schon ein Drittel des Monatsgehalts, nur um Reis für ein paar Tage zu kaufen.“
Statistiken der Regierung, die von der FAO analysiert wurden, zeigen, dass 2007 nur drei Millionen Getreide (Reis, Mais, Weizen, Gerste, Kartoffeln) produziert wurden. Dies sind 25 Prozent weniger als im Vorjahr und so wenig wie seit 2001 nicht mehr – damals hatte eine Dürre zu massiven Ernteverlusten geführt.
„WFP hat seit langem darauf aufmerksam gemacht, dass die Überschwemmungen des letzten Jahres die chronischen Ernährungsprobleme in Nordkorea verschärfen würden. Die Auswirkungen sehen wir jetzt auf den Märkten“, sagte de Margerie. „Es ist offensichtlich, dass dieses Jahr mehr Nahrungsmittelimporte und mehr Hilfe von außen benötigt werden.“
Bis 2005 hatte WFP mehr als sechs Millionen Menschen in Nordkorea unterstützt, etwa ein Viertel der Bevölkerung. Seit 2006 und nach der Entscheidung der nordkoreanischen Regierung, die Operation zu reduzieren, unterstützt WFP 1,1 Millionen der Bedürftigsten, darunter vor allem Frauen und Kinder. WFP schätzt, dass die Ernährung von mehr als 6,5 Millionen Menschen in Nordkorea nicht gesichert ist - diese Zahl wird sehr wahrscheinlich steigen, wenn nicht gegen die drohende Nahrungsmittelknappheit vorgegangen wird.
„WFP ist bereit seinen Teil zu tun, um den Menschen in Nordkorea zu helfen“, sagte Banbury. „Dieses Problem kann WFP aber nicht alleine lösen. Die Regierung Nordkoreas muss die notwenigen Vorraussetzungen schaffen, damit humanitäre Organisationen ihre Arbeit erledigen können. Die Geber wiederum müssen ihre Aufgabe erfüllen, damit die Menschen in Nordkorea nicht hungern oder gar sterben.“
Geber der aktuellen WFP-Operation in Nordkorea sind unter anderem: die Republik Korea (Südkorea) mit 20 Millionen US-Dollar, Russland (8 Millionen US-Dollar), die Schweiz (6,6 Millionen US-Dollar), Deutschland (3,4 Millionen US-Dollar), Australien (2,4 Millionen US-Dollar) und Italien (1,5 Millionen US-Dollar).
Das UN World Food Programme (WFP) ist die größte humanitäre Organisation der Welt. Unsere Nahrungsmittelhilfe wird 2008 mehr als 70 Millionen Hungernde in etwa 80 Ländern unterstützen.