Hunger auf dem Vormarsch in der DVR Korea
Peking, 30.07.2008 – Millionen Menschen in der Demokratischen Volksrepublik Korea (DVR Korea) sind dem Hunger in einem erschreckendem Maße ausgesetzt. Dies ist das Ergebnis einer neuen Untersuchung der Vereinten Nationen.
„Millionen Nordkoreaner sind vom Hunger bedroht“, sagte Jean-Pierre de Margerie, Landesdirektor des UN World Food Programme (WFP) für die DVR Korea heute auf einer Pressekonferenz in Peking. „In den späten neunziger Jahren war der Hunger in Teilen des Landes zum letzten Mal so weit verbreitet und so akut.“
Überschwemmungen im August 2007 und darauf folgende schlechte Ernten sowie steigende Nahrungsmittelpreise haben in dem Land mit 23 Millionen Einwohnern zur größten Lücke in der Versorgung mit Nahrungsmitteln seit 2001 geführt. Zeichen einer sich verschlechternden Ernährungssituation haben WFP dazu veranlasst, die Verteilung der Nahrungsmittel rasch auszuweiten. Statt wie bisher 1,2 Millionen Menschen plant WFP nun 6,4 Millionen Menschen unterstützen.
Nach den Ergebnissen einer dreiwöchigen Untersuchung der Ernährungssicherheit (Rapid Food Security Assessment, RSFA) sind in der DVR Korea sowohl die Produktion als auch der Import von Nahrungsmitteln stark gefallen. Die Untersuchung wurde von WFP und der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) in 53 Distrikten in 8 Provinzen (Ryanggang, Nord Hamgyong, Süd Hamgyong, Kangwon, Nord Hwanghae, Süd Hwanghae, Süd Phyongan, Pyongyang) gemeinsam durchgeführt. Experten besuchten hunderte Haushalte, Einrichtungen für Kinder und Krankenhäuser im Land und erstellten die umfassendste Untersuchung zu Nahrung und Ernährung in der DVR Korea seit 2004.
Die Ergebnisse zeigen:
- Die Verfügbarkeit und der Gebrauch von Nahrung sowie der Zugang zu Nahrung haben sich seit 2007 sehr verschlechtert. - Nahezu drei Viertel aller Haushalte haben ihre Nahrungsaufnahme reduziert.
- Mehr kranke und unterernährte Kinder werden in Krankenhäuser und andere Einrichtungen eingewiesen.
- Durchfall, verursacht durch eine zunehmende Einnahme von wild wachsender Nahrung, ist einer der Hauptgründe für Unterernährung bei Kindern unter fünf Jahren.
Die Experten fanden heraus, dass die Mehrheit der Familien in der Untersuchung kein Protein mehr auf ihrem Speiseplan hat, und sich nur noch von Getreide und Gemüse ernährt. Die Preise für Nahrungsmittel sind gestiegen – Reis kostet nun dreimal soviel wie noch vor einem Jahr, der Preis für Mais hat sich vervierfacht. Eine starke Abhängigkeit von der Unterstützung durch Verwandte bei der Bewältigung von Nahrungsmangel ist in Gegenden wie der Provinz Nord Hamgyong, eine der am schlimmsten betroffenen Regionen, weit verbreitet.
„Wir haben herausgefunden, dass mittlerweile viel mehr Menschen wild wachsende Nahrung zu sich nehmen. Diese haben aber nur einen geringen Nährwert und sind nur schwer zu verdauen. Nahrungsmittelhilfe für die Hungernden ist dringend notwendig“, sagte de Margerie.
Um die steigenden Bedürfnisse zu erfüllen plant WFP eine neue Operation mit einem Budget von etwa US-$ 500 Millionen, welche die bedürftigsten Frauen, Kinder und ältere Menschen in acht der zehn Provinzen des Landes unterstützen soll. Die zwei Provinzen Chagang und Nord Phyongan werden von Nichtregierungsorganisationen abgedeckt. Nahrungsmittelhilfe des WFP ist dank kürzlich erfolgter Hilfszusagen bereits auf dem Weg. Darunter befinden sich auch 400.000 Tonnen Nahrungsmittelhilfe, welche die USA zur Verfügung gestellt haben und die seit Juni im Land eintreffen. WFP weist aber darauf hin, dass schnell weitere Zuwendungen notwendig sind.
„Wir bitten unsere Geber, uns zu unterstützen, damit wir in den kommenden, entscheidenden Monaten genügend Nahrungsmittel zur Verfügung haben“, sagte Tony Banbury, WFP-Regionaldirektor für Asien. Er fügte hinzu, dass zusätzliche US-$ 20 Millionen dringend benötigt werden, um die Bedürfnisse bis zur Ernte im Herbst zu bewältigen. „Wir stehen vor einer großen Aufgabe, zu deren Bewältigung wir die Hilfe der internationalen Gemeinschaft brauchen.“
Verbesserte Arbeitsbedingungen waren im Juni mit der Regierung der DVR Korea ausgehandelt worden. Demnach können nun über 50 internationale Mitarbeiter des WFP die Verteilung der Nahrungsmittel leiten und kontrollieren. 131 Distrikte (statt wie bisher 50) erhalten nun Hilfe, darunter auch der abgelegene und traditionell ernährungsunsichere Nordosten des Landes.
Zu den Gebern der aktuellen WFP-Operation in der DVR Korea gehören unter anderem die Vereinigten Staaten (US-$ 60 Millionen), die Republik Korea (US-$ 20 Millionen), die Schweiz (US-$ 6.6 Millionen) und Deutschland (US-$ 3.4 Millionen).
Das UN World Food Programme (WFP) ist die größte humanitäre Organisation der Welt. Unsere Nahrungsmittelhilfe wird 2008 rund 90 Millionen Hungernde in 78 Ländern unterstützen.