Nahrungsvorräte in Flüchtlingscamps in Kenia gehen zur Neige - Zahl somalischer Flüchtlinge steigt an
Nairobi, 26.09.2006 – Somalische Flüchtlinge, die dem Konflikt zwischen der Union Islamischer Gerichte und der Übergangsregierung geflohen sind, haben die Zahl der Flüchtlinge in Kenia auf das höchste Niveau innerhalb von 10 Jahren ansteigen lassen. Die Nahrungsvorräte sind gefährdet, wenn nicht schnell Spenden eingehen, teilte das United Nations World Food Programme heute mit.
Im Moment befinden sich 240.000 registrierte Flüchtlinge in Kenia und Tausenden weitere kommen neu hinzu. Seit Januar sind geschätzte 24.000 Menschen aus dem Nachbarland Somalia in die Camps in Dadaab im nordöstlichen Teil von Kenia gezogen. Zwischen 300 und 400 Menschen kommen jeden Tag in Daadab an. Es wird erwartet, dass die Anzahl der Neuankömmlinge bis Ende des Jahres auf 50.000 ansteigt.
"Wenn wir nicht sofort neue Gelder für unsere Flüchtlingsoperation erhalten, werden wir die Rationen im Camp im November kürzen müssen", sagte Marian Read, WFP-Landesdirektorin in Kenia. "Wir stehen vor einer furchtbaren Entscheidung, aber wir haben keine Wahl – wir können nicht warten, bis die Nahrungsvorräte alle sind. Selbst mit den Kürzungen werden uns immer noch im Februar des nächsten Jahres die Vorräte ausgehen. Die Situation ist furchtbar."
Wenn jetzt keine neuen Spenden eingehen, werden die Rationen im November um 12 Prozent gekürzt. Dann bleiben für die Flüchtlinge zum Überleben 1.900 Kilokalorien pro Tag anstelle des empfohlenen täglichen Minimums von 2.100 Kilokalorien. Im Dezember werden tiefere Einschnitte folgen mit Rationen, die nur 79 Prozent der normalen Höhe betraten, also 1.700 Kilokalorien am Tag. Nur die am meisten gefährdeten Personen bekommen die normale Ration.
Flüchtlinge aus Somalia berichten, sie seien vor dem erneuten Konflikt und der Unsicherheit geflohen. Die Situation im südlichen und zentralen Somalia ist angespannt - besonders zwischen der Übergangsregierung in Baidoa und der Union Islamischer Gerichte, die ihre Kontrolle auf die Hafenstadt Kismayo ausgedehnt hat. Im Falle eines Krieges würden die Flüchtlingsströme eskalieren.
Die Flüchtlinge in Kenia sind an Camps gebunden, was ihnen den Zugang zu Ackerland oder Arbeit verwehrt. "Das bedeutet, dass die WFP-Rationen alles sind, was diese Leute zum Essen haben. Sie haben keine andere Möglichkeit, die Differenz auszugleichen", sagte Read. "Die Unterernährungsrate in den Camps liegt bereits weit über der Notfallgrenze und wenn wir die Rationen kürzen müssen wissen wir, dass sie sogar noch weiter steigen wird."
Ernährungsuntersuchungen im Daadab-Camp im Nordosten von Kenia zeigten, dass dieses Jahr 22 Prozent der Kinder unter 5 Jahren unterernährt sind. Im Kakuma-Camp im Nordwesten von Kenia zeigten Untersuchungen aus dem Jahr 2005, dass 19 Prozent der Kinder unter 5 Jahren an Unterernährung leiden.
Eine neue Ernährungsstudie von WFP und UNHCR bemerkt, dass schlechte Hygiene, extreme Umweltbedingungen, begrenzte Gesundheitsinfrastruktur und Krankheiten einige der Hauptursachen für mangelnde Ernährung sind. Hinzu kommt, dass Flüchtlinge manchmal Teile ihrer Nahrungsrationen verkaufen oder eintauschen, um nötige Dinge wie Seife, Feuerholz und andere Grundversorgungsmittel zu erhalten.
Um die 240.000 Flüchtlinge und auch die zehntausenden Neuankömmlinge weiterhin mit Nahrung zu versorgen, benötigt WFP innerhalb der nächsten sechs Monate eine Gesamtsumme von 8,1 Millionen US-Dollar. Die Gelder würden es WFP ermöglichen, mehr als 14.500 Tonnen an Nahrungsmitteln zur Verfügung zu stellen, inklusive 100 Tonnen mit Nährstoffen angereicherte Spezial-Kekse.
Diese so genannten "High Energy Biscuits" werden dringend benötigt um den neu ankommenden Familien sofort zu helfen bevor sie an den vierzehntägig durchgeführten Nahrungsverteilungen teilnehmen können. Mit 5.000 neuen Flüchtlingen alle zwei Wochen ist es nicht möglich davon auszugehen, dass die Flüchtlingsfamilien, die schon Länger vor Ort sind, ihre Nahrung teilen.
Das Flüchtlingscamp in Kenia wurde vor 15 Monaten gegründet und beherbergt hauptsächlich Flüchtlinge aus Somalia (63 Prozent) und Sudan (33 Prozent). WFP verteilt Nahrung an alle registrierten Flüchtlinge im Camp. Außerdem stellt es Schulspeisung und Nahrung für ausgewählte und therapeutische Ernährungsprogramme für unterernährte Kinder, schwangere und stillende Mütter zur Verfügung. In Kakuma führt WFP ein "food for assets" Programm durch, mit dem es 25.000 Menschen in der kenianischen Gastgemeinde unterstützt.