UN-Bericht: Die Zahl der Hungernden weltweit steigt zum dritten Jahr in Folge
Der Bericht macht deutlich, dass mehr getan werden muss, damit weniger Kinder unterentwickelt oder schon bei Geburt untergewichtig sind. Der aktuelle Fortschritt ist zu langsam, um das SDG 2 zu erreichen.
Gleichzeitig steigen Übergewicht und Fettleibigkeit in allen Regionen der Welt, insbesondere bei Kindern im schulpflichtigen Alter und Erwachsenen.
Auf allen Kontinenten hungern mehr Frauen als Männer. Am größten ist der Unterschied in Lateinamerika, wo Frauen wesentlich stärker von Hunger betroffen sind.
„Unsere Maßnahmen zur Bewältigung dieses beunruhigenden Trends müssen mutiger werden, nicht nur in ihrem Umfang, sondern auch in Bezug auf die multisektorale Zusammenarbeit", forderten die Leiter der UN Food and Agriculture Organization (FAO), des International Fund for Agricultural Development (IFAD), des UN Children’s Fund (UNICEF), des UN World Food Programme (WFP) und der World Health Organization (WHO) in ihrem gemeinsamen Vorwort zum Bericht.
Der Hunger nimmt in vielen Ländern zu, in denen das Wirtschaftswachstum hinterherhinkt, vor allem in Ländern mit mittlerem Einkommen und solchen, die stark vom internationalen Primärrohstoffhandel abhängig sind. Der UN-Bericht stellt auch fest, dass das Gefälle der Einkommen in vielen Ländern zunimmt, in denen Hunger steigt. Für arme, bedürftige und ausgegrenzte Menschen wird es dabei noch schwieriger, mit einer langsameren und rückgängigen Konjunktur fertig zu werden.
„Wir müssen einen Strukturwandel fördern, der integrativ ist und sich auf die Menschen – vor allem Arme – konzentriert und Gemeinschaften in das Zentrum stellt. So können wir die wirtschaftliche Verwundbarkeit verringern und Hunger sowie alle Formen der Unterernährung beenden", sagten die Leiter der UN-Organisationen.
Langsame Fortschritte in Afrika und Asien
Am alarmierendsten ist die Situation in Afrika, wo die Raten der Hungernden im weltweiten Vergleich am höchsten sind und Hunger in fast allen Subregionen weiterhin langsam, aber stetig ansteigt. Vor allem in Ostafrika ist fast ein Drittel der Bevölkerung (30,8 Prozent) unterernährt. Neben Klimakrisen und Konflikten treiben konjunkturelle Verlangsamungen und Abschwächungen den Anstieg an. Seit 2011 lag fast die Hälfte der Länder, in denen Hunger wegen schwacher oder stagnierender Konjunktur stieg, in Afrika.
Die meisten unterernährten Menschen (mehr als 500 Millionen) leben in Asien, vor allem in südasiatischen Ländern. In Afrika und Asien sind darüber hinaus am meisten Menschen von Mangelernährung in unterschiedlichen Formen betroffen. Dort leben mehr als neun von zehn aller unterentwickelten Kinder weltweit und über neun von zehn aller unterernährter Kinder. In Südasien und Afrika südlich der Sahara ist sogar jedes dritte Kind unterentwickelt.
Über den Hunger hinaus
Der diesjährige Bericht führt einen neuen Indikator zur Messung der gesicherten Ernährung und zur Überwachung der Fortschritte ein. Dieser Indikator basiert auf Daten, die direkt von Personen in Umfragen über ihren Zugang zu Nahrungsmitteln in den letzten zwölf Monaten unter Verwendung der Food Unecurity Experience Scale (FIES) erhoben wurden. Menschen, deren Ernährung nur mäßig gesichert ist, mussten die Qualität und/oder Quantität der Nahrungsmittel, die sie essen, reduzieren, um zurechtzukommen.
Der Bericht schätzt, dass über 2 Milliarden Menschen, meist in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen, keinen regelmäßigen Zugang zu sicheren, nahrhaften und ausreichenden Nahrungsmitteln haben. Aber auch für Länder mit hohem Einkommen, darunter acht Prozent der Bevölkerung in Nordamerika und Europa, ist der gesicherte Zugang zu ausreichend Nahrung eine Herausforderung.
Dies erfordert eine tiefgreifende Transformation der Ernährungssysteme, um einer wachsenden Weltbevölkerung eine nachhaltig produzierte gesunde Ernährung zu ermöglichen.
Wichtige Daten und Fakten
- Anzahl der Hungernden weltweit 2018: 821,6 Millionen (oder 1 von 9 Menschen)
- in Asien: 513,9 Mio.
- in Afrika: 256,1 Mio.
- in Lateinamerika und der Karibik: 42,5 Mio.
- Anzahl der Menschen, deren Ernährung – mäßig oder stark – ungesichert ist: 2 Milliarden (26,4%)
- Babys mit niedrigem Geburtsgewicht: 20,5 Millionen (jedes siebte)
- Kinder unter 5 Jahren, die unterentwickelt sind (zu geringe Körpergröße für ihr Alter): 148,9 Millionen (21,9%)
- Kinder unter 5 Jahren, die unterernährt sind (zu geringes Gewicht für die Körpergröße): 49,5 Millionen (7,3%)
- Kinder unter 5 Jahren mit Übergewicht (zu hohes Gewicht für die Körpergröße): 40 Millionen (5,9%)
- Übergewichtige Kinder und Jugendliche im Schulalter: 338 Mio.
- Erwachsene, die fettleibig sind: 672 Millionen (13% oder 1 von 8 Erwachsenen)
Hinweis für die Redaktion
Die Leiter der Agenturen, die den heutigen Bericht herausgeben, sind: José Graziano da Silva, FAO-Generaldirektor; Gilbert F. Houngbo, IFAD-Präsident; Henrietta H. Fore, UNICEF-Exekutivdirektorin; David Beasley, WFP-Exekutivdirektor; und Tedros Adhanom Ghebreyesus, WHO-Generaldirektor.
Der Bericht ist ein wichtiger Bestandteil, um den Fortschritt des zweiten Ziels für nachhaltige Entwicklung – eine Welt ohne Hunger bis 2030 – zu verfolgen. Er identifizierte 2017 drei Faktoren für den Anstieg von Hunger: Konflikt, Klima und wirtschaftliche Abschwächung. Der diesjährige Bericht konzentriert sich auf die Auswirkung schwacher oder stagnierender Konjunktur auf die Ernährung von Menschen.
In Bezug auf die Prävalenz von Unterernährung wurde der gesamte Datensatz vor der Veröffentlichung überprüft und überarbeitet. Dadurch wird sichergestellt, dass der letzte Bericht alle neuen Informationen berücksichtigt, die seit der Veröffentlichung der vorherigen Ausgabe eingegangen sind. Die Vergleichbarkeit des Wertes mit vorherigen Ausgaben des Berichts ist dadurch allerdings eingeschränkt.
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