WFP fordert Hilfspaket für Hungernde trotz Finanzkrise
Rom, den 16. Dezember 2008 - Das UN World Food Programme (WFP) hat heute dazu aufgerufen, für den Kampf gegen den Hunger einen Bruchteil der Summen bereit zu stellen, die derzeit als Rettungspakete für die Finanzmärkte vorgeschlagen werden.
„Wir müssen mit einem Rettungspaket für die Hungernden ein starkes Signal der Hoffnung aussenden,“ sagte WFP-Exekutivdirektorin Josette Sheeran während ihres Besuchs in Indien, dem Land mit den meisten unterernährten Menschen weltweit. „Wir dürfen über die Nöte der Wall Street nicht die Sorgen jener Menschen vergessen, die keine Straßen haben,“ sagte Sheeran und nahm damit Bezug auf die Forderung des UN-Generalsekretärs Ban Ki-moon.
Das WFP gab heute bekannt, dass es 2009 US-$ 5,2 Milliarden benötigt. Wenn die Mittel nicht schnell bereitgestellt werden, können Millionen Menschen in Haiti, der Demokratischen Republik Kongo, Äthiopien, Kenia und anderen Krisenregionen ab Ende März keine Ernährungshilfe mehr erhalten. WFP geht davon aus, im Jahr 2009 knapp 100 Millionen Menschen mit Ernährungshilfe unterstützen zu müssen. Die Organisation ist vollständig spendenfinanziert und für sämtliche Projekte auf freiwillige Zuwendungen angewiesen.
Sheeran sagte, dass mit nur einem Prozent der Summe, die zur Wiederbelebung der Finanzinstitutionen und der Stabilisierung der Wirtschaft in den USA und Europa aufgebracht wurde, die Arbeit des WFP vollständig finanziert werden könnte, und weitere wichtige Fortschritte im Kampf gegen den Hunger erzielt werden könnten: Für US-$ 3 Milliarden könnte etwa jedes der 59 Millionen Schulkinder, die hungrig zur Schule gehen, dass ganze Jahr mit einer Schulmahlzeit versorgt werden; ein Reservefond könnte aufgelegt werden, mit dem in Notfällen schnell Nahrungsmittelhilfe finanziert werden kann. Auch für die Förderung der landwirtschaftlichen Produktion von Kleinbauern werden Mittel benötigt, nachdem sich die Preise für Saatgut und Dünger seit 2006 nahezu verdoppelt haben.
„Die Führer der Welt müssen mit den Folgen ihrer politischen Entscheidungen konfrontiert werden,“ sagte Sheeran. „Die Welt ist bereit, mehrere Billiarden für Rettungspakete für die Finanzmärkte bereit zu stellen. Was werden sie zur Rettung von Menschenleben unternehmen?“
Der Aufruf des WFP folgt einer Periode von Rekordpreisen für Nahrungsmittel und weiterhin unbeständigen Märkten. Die weltweite Finanzkrise hat Auswirkungen auch auf die Entwicklungsländer, da ihre Exporte, ihr Kapitalzufluss sowie Überweisungen ihrer im Ausland lebenden Arbeitskräfte zurückgehen werden. Im Dezember hat etwa die Regierung Kirgisistans WFP gebeten, 600.000 Menschen zu unterstützen, die unter Hunger leiden seit diese Auslandsüberweisungen stark zurückgegangen sind – etwa 20 Prozent des kirgisischen Bruttoinlandsprodukts stammen aus solchen Geldtransfers.
Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UN (FAO) hatte in der vergangenen Woche bekannt gegeben, dass aufgrund der hohen Preise für Nahrungsmittel in diesem Jahr weitere 40 Millionen Menschen unter Hunger leiden, womit sich die Zahl der Hungernden insgesamt auf knapp 1 Milliarde Menschen erhöht hat. Dieser Anstieg ereignet sich nach vier Jahrzehnten, in denen die internationale Gemeinschaft kollektiv daran gearbeitet hat, den Anteil der Hungernden in der Welt von 37 auf 17 Prozent zu reduzieren.
Sheeran stellte fest, dass Hunger zu Unruhen wie in Haiti zu Beginn des Jahres führen kann, als Menschen ermordet wurden und der Premierminister aus dem Amt gejagt wurde. In Dutzenden weiteren Ländern war es ebenfalls aufgrund steigender Nahrungsmittelpreise zu Unruhen gekommen.
„Wir stehen an einen kritischen Punkt: Die Hungerspirale droht außer Kontrolle zu geraten während die Weltbevölkerung bis zur Mitte des Jahrhunderts auf neun Milliarden anwachsen wird,“ sagte Sheeran. Sie fügte hinzu, dass die Auswirkungen des Hungers auf Kleinkinder sie daran hindern, ihr volles geistiges und körperliches Potential zu entfalten. „Wir können es uns nicht leisten, die nächste Generation zu verlieren.“
Das UN World Food Programme (WFP) ist die größte humanitäre Organisation der Welt. Unsere Nahrungsmittelhilfe wird 2008 rund 90 Millionen Hungernde in 78 Ländern unterstützen.