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Ebay gegen den Hunger

Eine App hilft Kleinbauern in Sambia, ihre Ernten zu verkaufen
, Sandra Kreutzer

Weltweit sind Millionen Kleinbauern gezwungen, ihre Ernten aufgrund fehlender Marktinformationen zu günstig zu verkaufen. Eine neue App vom UN World Food Programme (WFP) will das ändern.

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60 Prozent weniger Einnahmen als in der Hauptstadt: Kleinbauern in ländlichen Regionen Sambias wie hier in Mumbwa haben kaum Zugang zu Marktinformationen. Foto: WFP/Archiv

Die Bohnen liegen sauber verpackt, gestapelt und abholbereit am Ortseingang eines Dorfes in Mumbwa, 200 km entfernt von Lusaka, der Hauptstadt Sambias. Doch die Familien, die sie sähen, ernten und an den Händler aus Lusaka verkaufen, erhalten dafür weniger als die Hälfte des üblichen Marktpreises. Der Grund: Sie wissen nicht, wie viel ihre Bohnen wert sind und wer die besten Preise zahlt. Und sie sind nicht die einzigen. 500.000 Kleinbauern in Sambia geht es so. Weltweit müssen sogar fast 500 Millionen Menschen ihre Ernten unter Wert verkaufen, weil sie keinen Zugang zu verlässlichen Informationen über Preise und Käufer haben. Das Ergebnis sind geringe Einkommen und kaum Ersparnisse, die Familien gerade in Dürrezeiten vor große Herausforderungen stellen.

Eine digitale Plattform für fairen Handel

Drei WFP-Mitarbeiter und ein Sozialunternehmer aus Tansania wollten das ändern. 2016 kamen sie für ein 10-tägiges BootCamp in den WFP Innovation Accelerator nach München, wo neue Lösungen gegen den Hunger entwickelt werden. Mit im Gepäck ihre Idee einer App, über die Kleinbauern faire Preise für ihre Ernten erzielen und unabhängiger werden. „Die digitale Revolution ist auch in Afrika unaufhaltsam, Smartphones werden immer günstiger. Wir haben beobachtet, dass viele Bauern bereits über Whatsapp und Google Maps mit Händlern kommunizieren und wollten mit der App eine Plattform schaffen, die einen fairen Handel und Verkauf ermöglicht", sagt Evin Joyce, WFP-Mitarbeiter und Co-Entwickler der App.

Am Ende des Workshops stand Maano — The Virtual Farmers Market. Das Prinzip von Maano fußt auf der Logik von Tausch- und Angebotsbörsen wie Ebay oder AirBnB. Kleinbauern können Echtzeit-Informationen über Preise abrufen, die WFP zur Verfügung stellt und auf deren Basis einen Verkaufspreis festlegen. Händler sehen die Angebote ein, bestätigen den Kauf und kontaktieren die Bauern, um die Abholung zu vereinbaren. Bezahlt wird über ein mobiles Transaktionssystem von WFP, das Bauern und Händlern Sicherheit gewährleistet.
Die Vorteile der App sind auf beiden Seiten groß. Die Bauern können höhere Einkommen erzielen und in ihre Produktion investieren, Käufer erhalten eine größere Auswahl und bessere Planbarkeit. Zeit und Kosten für Verpackung, Lagerung und Transport haben sich für alle enorm reduziert.

Mit lokalen Botschaftern zum Erfolg

Seit April 2017 ist Maano in Sambia erhältlich. Mit Zeitungsanzeigen und Radiobeiträgen hat WFP die neue App beworben. 50 Kleinbauern aus verschiedenen Gemeinden wurden zeitgleich zu Botschaftern ausgebildet, die anderen Bauern die Nutzung von Maano erklären und den Verkauf innerhalb ihrer Gemeinden koordinieren. 3.400 Bauern konnten die Botschafter auf diesem Weg erreichen, 1.200 haben Maano bereits verwendet. Und das mit großem Erfolg: Bis Oktober wurden 148 Tonnen Sojabohnen, Erbsen und andere Nahrungsmittel per App verkauft — vergleichbar mit fünf LKW-Lieferungen. Über 100 Transaktionen wurden in knapp fünf Monaten getätigt, mit einem Umsatz von 48.000 US-Dollar. „Das lag weit über unseren Erwartungen für das erste Jahr ", so Evin Joyce, der die App von Sambia aus betreut.

Viele Nutzer sind sehr zufrieden mit ihren Verkäufen und erwarten eine Steigerung in der kommenden Saison. Auch alle Botschafter wollen im kommenden Jahr wieder mit Maano arbeiten. „Ich liebe dieses Programm und bin ein guter Verkäufer für meine Gemeinde geworden. Ich würde ihnen gerne weiter helfen aber ich muss mich verbessern", berichtet einer von ihnen. Und die Pläne der Entwickler sind ambitioniert. Im kommenden Jahr sollen sich sowohl Botschafter als auch Umsatz in Sambia verdoppeln. In zwei weiteren Ländern planen die Entwickler die Markteinführung von Maano. „Wir haben uns hohe Ziele gesteckt aber ich bin zuversichtlich, dass wir unsere Partnerschaften mit Botschaftern und Händlern ausbauen können", sagt Evin Joyce. „Schließlich haben wir alle ein noch viel größeres Ziel vor Augen: Eine Welt ohne Hunger bis 2030."

Maano — the Virtual Farmers Market wurde im WFP Innovation Accelerator mit Unterstützung der deutschen Bundesregierung konzipiert und entwickelt. Mehr Infos zu Innovationen im Kampf gegen Hunger: innovation.wfp.org

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Viele Kleinbauern, die Maano für den Verkauf genutzt haben, erwarten sich für nächstes Jahr noch höhere Erlöse. Foto: WFP/Archiv