Flour Power: WFP-Programm stärkt Bäckerinnen im Irak
Im Dorf Nimrud, nicht weit von der irakischen Stadt Mossul, ist es nicht allzu schwierig, eine gute Bäckerei zu finden. Hier erinnert der Geruch von frisch gebackenem Brot alle daran, dass eine warme Mahlzeit nie weit entfernt ist.
Hinter einer Reihe von Rolltoren haben zehn Frauen ein kleines Unternehmen gegründet, unterstützt vom Welternährungsprogrammes der Vereinten Nationen (WFP) und Deutschland. Hier kommen die Unternehmerinnen zusammen, um sich weiterzubilden, Geld zu verdienen und irakische Leckereien zu backen.
“Wir sind eigentlich alle Witwen und alleinerziehende Mütter,“ sagt Vikra. „Vor dem Konflikt hatten wir ein kleines Einkommen, beispielsweise durch Näharbeiten.“ Durch den Konflikt im Irak haben die Frauen ihre Arbeit sowie ihr Hab und Gut verloren und können ihre Familien nicht mehr versorgen. Einige kehrten in ihre Heimat zurück und fanden dort, wo einst ihre Häuser standen, nichts als verbrannte Erde vor.
Sie sind immer noch dabei, sich davon zu erholen, sagen sie. Einige waren jahrelang vertrieben und gezwungen, ihr Leben alleine wieder aufzubauen. Alle zehn Bäckerinnen haben ihre Ehemänner verloren und sagen, dass diese Arbeit sie näher zusammengebracht hat.
Ihre Situation als alleinige Versorgerinnen machte sie besonders geeignet für dieses Projekt. Heute bauen sie Schritt für Schritt ihr Unternehmen auf.
"Wir sind eine Kooperative von zehn Frauen und wechseln uns täglich ab - fünf von uns arbeiten in der Bäckerei, fünf unterstützen von zu Hause aus, und wir alle teilen uns den Gewinn", sagt Wadhaha, eine andere Teilnehmerin.
“Wir kaufen, wenn möglich, alles lokal ein, um unsere Nachbarschaft zu unterstützten,“ sagt Sihan. Die Gruppe erhielt von WFP einen professionellen Backofen, um ihr Geschäft anzukurbeln. Dieser wird auch von Mitgliedern ihrer Gemeinde genutzt, deren traditionellen Tanoors (Brotbacköfen) während des Konflikts zerstört wurden.
Die rautenförmigen Samoun-Brötchen - ein irakisches Grundnahrungsmittel - sind ihr Hauptprodukt. Außen knusprig, innen fluffig: sie sind köstlich, sagen die Frauen.
Die Gruppe stellt auch einfache Nachspeisen her und verkauft diese in der Nachbarschaft. Sie nehmen auch kleinere Catering-Aufträge für traditionelle irakische Gerichte wie tepsi baytinijan – gebackene Aubergine mit Hackfleisch - an.
An einem normalen Tag verkaufen sie bis zu 450 Tüten Samoun-Brot - mit jeweils zehn Stück - und nehmen damit etwa USD 300 ein. Ein Teil dieses Brotes wird an lokale Bäcker*innen für die nahe gelegenen Schulen weiterverkauft, damit die Kinder jeden Tag frisches Brot essen können. Nach Abzug der Kosten wie Mehl, weiterer Zutaten, Gas und Strom erzielen die Frauen ein bescheidenes, aber nachhaltiges Einkommen. Der Gewinn wird zu gleichen Teilen unter den Frauen aufgeteilt und ein Teil wird wieder in das Unternehmen reinvestiert, damit es weiterwachsen kann.
Wadhaha, die Buchhalterin der Gruppe, zeigt aufgeregt ihr Geschäftsbuch. "Nachdem wir die Kosten von den Einnahmen abgezogen haben, können wir mit unserem Einkommen unsere Kinder zu versorgen und sogar ältere Familienmitglieder unterstützen“. Der Schichtbetrieb in der Bäckerei erlaubt den Frauen, auch weiterhin der Arbeit im Haushalt nachzukommen.
Über die letzten zwei Jahre haben die Bäckerinnen durch die Unterstützung von WFP Fortbildungen zu Ernährung, dem Anbau von Gemüse und der Zubereitung von Essen für den Verkauf erhalten. Einige der Frauen lernten, wie sie Marmelade aus den frischen Früchten aus ihrem Garten herstellen können. „Ich habe in diesen Kursen viel gelernt“ sagt Raghad. „Techniken, die ich bei der Arbeit anwenden kann.“
Im Rahmen des Ninewa-Projekts, das in Zusammenarbeit mit WFP, dem NGO-Partner Samaritan's Purse und den örtlichen Behörden durchgeführt wird, erwarben die Frauen auch betriebswirtschaftliche Kenntnisse, die für die Gründung und Führung ihrer Bäckerei entscheidend waren. Dazu gehört Buchhaltung, Gewinn- und Verlustrechnung, Marketing, Essenshygiene und wie traditionelle Backwaren hergestellt und verkauft werden können, für die es einen stetigen Bedarf gibt.
Wenn sie gefragt werde, was für weitere Unterstützung sie brauchen, sagt Vikra mit einem Lächeln: „Einen größeren Ofen! Wir bekommen mehr Aufträge von unserer Gemeinde für Süßwaren und wir können so mehr backen.“ Die Backwaren überstehen den ultimativen Geschmacktest, wenn Raghads Tochter auftaucht, sich ein Stücke Samoun schnappt und schnell wegrennt, bevor ihre Mutter sie fassen kann.
Jeden Monat hilft WFP bis zu 712.000 Menschen im Irak zu einer Zeit, in der Familien und Binnenvertriebene darum kämpfen, trotzt der Folgen des Konflikts und des Klimawandels ihre Grundbedürfnisse zu versorgen.