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Was ist “Blockchain” und wie hilft die Technologie im Kampf gegen Hunger?

„Blockchains können die Ernährungshilfe für Familien auf der ganzen Welt revolutionieren"
, WFP Deutsch
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Foto: WFP/Alexandra Alden

Die Informationen in diesem Artikel wurden zuletzt im November 2017 aktualisiert.

Das UN World Food Programme (WFP) testet den Einsatz der sogenannte „Blockchain"-Technologie. Sie besitzt das Potential, die Ernährungshilfe zu revolutionieren. Mit Blockchains können humanitäre Organisationen noch gezielter und effektiver Hilfe leisten.

Was ist Blockchain?

Einfach gesagt ermöglichen Blockchains den direkten Austausch von Informationen zwischen zwei Menschen, Firmen, Organisationen und so weiter. Der Vorteil: Mit der Technologie benötigt man keinen Mittelsmann oder Dritten, wie beispielsweise eine Bank. So wie in Emails können Informationen einfach zwischen zwei Adressen ausgetauscht werden. Diese Informationen können zum Beispiel ein Wert-Transfers, die Kennung von Bedürftigen oder Patientenakten sein.

Eine identische Aufzeichnung dieser Informationen wird auf der Blockchain abgelegt. Jeder Teilnehmer (oder „Knotenpunkt") der Blockchain kann jederzeit alle Informationen abrufen. Tausende — praktisch unbegrenzt viele — Teilnehmer haben so Zugang zu den Informationen. Weil so viele Kopien der gleichen Information parallel im Blockchain-Netzwerk existieren, können Informationen oder Transaktionen immer schwerer manipuliert werden. Passiert das dennoch, dann fallen die Störungen oder Eingriffe sofort auf, weil die manipulierte Kopie nicht mehr identisch mit den anderen Aufzeichnungen im System ist. Aufzeichnungen sind im Prinzip unveränderbar. Das macht Blockchains viel sicherer als traditionelle, zentralisierte Systeme.

Zukunftsrichtung: Ernährungshilfe über Bargeldtranfers

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Wo Märkte funktionieren, setzt WFP Bargeldtransfers ein. Menschen in Not können damit selbst entscheiden, welche Nahrungsmittel sie kaufen. Foto: WFP/Farman Ali

In den letzten Jahren hat WFP Bargeldtransfers massiv ausgebaut. In Gebieten, wo Märkte und Infrastruktur gut funktionieren, sind Transfers oft effektiver und effizienter. Nicht nur können Bedürftige selbst entscheiden, welches Essen sie benötigen, die Hilfe stärkt auch die lokale Wirtschaft. Der WFP Innovation Accelerator arbeitet deshalb verstärkt an Bargeldtransfer-Modellen, die Kosten und Risiken reduzieren und gleichzeitig den Datenschutz sowie Lieferzeiten verbessern.

Aus dem Labor in das echte Leben

Seit Januar 2017 wird im Herzen der pakistanischen Provinz Sindh das erste WFP-Blockchain-Projekt „Building Blocks" erfolgreich vor Ort getestet. In der Provinz erhalten Bedürftige Familien Ernährungshilfe und Bargeldtransfers von WFP. Die Transaktionen werden über Smartphones auf der öffentlichen Blockchain authentifiziert und registriert. Im zusammenfassenden Report wird dann verglichen, ob die Auszahlungen mit den Ansprüchen der Bedürftigen übereinstimmen.

„Blockchains können die Ernährungshilfe für Familien auf der ganzen Welt revolutionieren. Die Technologie bringt uns näher an die Menschen in Not und wir können viel schneller auf Krisen reagieren", sagt Farman Ali aus dem WFP-Büro in Karachi.

Die Erfahrungen aus der Pilotphase in Pakistan werden jetzt im jordanischen Flüchtlingscamp Azraq umgesetzt. Zurzeit wickelt dort WFP Bargeldtransfers für über 10.000 syrische Geflüchtete über das Blockchain-System ab.

Durch das biometrische Identifikationssystem von UNHCR können syrische Geflüchtete in lokalen Supermärkten Nahrungsmittel einkaufen. Das funktioniert ganz ohne Bargeld, Papiergutscheine oder elektronische Gutscheinkarten mit einem einfach Iris-Scan. Die Transaktionen werden auf der Blockchain aufgezeichnet.

Das Ergebnis: WFP hat vollständige Aufzeichnungen aller Transaktionen, die in den Supermärkten stattfinden. Für syrische Geflüchtete bedeutet das größere Sicherheit und mehr Privatsphäre. Die sensiblen Daten stehen nämlich nur WFP zur Verfügung und müssen nicht mehr mit Dritten — wie Banken oder Telefongesellschaften — geteilt werden.

Enormes Potential

Blockchains ermöglichen es WFP, in den schwierigsten Umgebungen weltweit schneller zu helfen. Gibt es etwa in Ländern keine finanzielle Infrastruktur, können humanitäre Organisationen dort mittels Blockchain innerhalb von wenigen Tagen lebenswichtige Bargeldhilfe bereitstellen.

Blockchain ist ähnlich wie das Internet eine Grundlagen-Technologie, auf der zukünftig viele andere Anwendungen aufbauen können. So wie Email die erste weitverbreitete Anwendungsform des Internets war, sind Zahlungen die erste weitverbreitete Anwendungsform von Blockchain. Und so wie sich das Internet schnell über Emails hinaus entwickelte, wird Blockchain längst schon über Bezahlsysteme hinaus verwendet. WFP prüft gerade, für welche anderen Anwendungsmöglichkeiten — neben Bargeldtransfers, Identitätsverwaltung, und Lieferketten — Blockchain noch von Vorteil sein könnten.

Das volle Potential von Blockchains kann nur ausgeschöpft werden, wenn die humanitäre Gemeinschaft zu diesem Thema zusammenarbeitet.

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Der WFP Innovation Accelerator wird von einem Netzwerk öffentlicher und privater Partner unterstützt. Der Accelerator in München wird von dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, sowie dem Staat Bayern finanziert. Deutschland ist einer der wichtigsten Partner von WFP im Kampf gegen den Hunger.