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Hunger-Hotspots-Bericht: El Niño und Krise im Sudan verschärfen akuten Hunger

WFP unterstützt Familien die in Myanmar von einem Zyklon betroffen sind©WFP/Su Myat Yadanar
Neben Afghanistan, Nigeria, Somalia, Südsudan und Jemen wurden auch Burkina Faso, Haiti, Mali und der Sudan auf die höchste Alarmstufe gesetzt

ROM – Einem neuen Frühwarnbericht der Vereinten Nationen zufolge könnte akuter Hunger in 18 "Hotspots" mit insgesamt 22 Ländern an Ausmaß und Schwere zunehmen. Der Bericht weist auf die Gefahr eines Übergreifens der Sudankrise hin, wodurch sich das Risiko negativer Auswirkungen auf die Nachbarländer erhöht. Er zeigt, dass sich verschärfende wirtschaftliche Schocks die Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen weiter in die Krise treiben. Ein wahrscheinliches El-Niño-Klimaphänomen verstärkt die Angst vor Klimaextremen in gefährdeten Ländern rund um den Globus.

Der Bericht stellt außerdem fest, dass viele Krisenherde von wachsendem Hunger betroffen sind, und hebt den besorgniserregenden Multiplikatoreffekt hervor, den gleichzeitige und sich überschneidende Katastrophen auf akuten Hunger haben. Konflikte, Klimaextreme und wirtschaftliche Schocks treiben immer mehr Gemeinschaften in die Krise.

Der heute von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) veröffentlichte Bericht "‘Hunger Hotspots – FAO-WFP early warnings on acute food insecurity’" ruft zu dringenden humanitären Maßnahmen auf, um Leben und Lebensgrundlagen zu retten und Hunger und Tod in den Hotspots zu verhindern. Dort droht sich der akute Hunger von Juni bis November 2023 weiter zu verschärfen.

Wenn wir globale Ernährungssicherheit für alle erreichen und sicherstellen wollen, dass niemand zurückgelassen wird, ist "Business-as-usual" in der heutigen Risikolandschaft keine Option mehr", sagte QU Dongyu, Generaldirektor der FAO.

"Wir müssen sofortige, zeitnahe landwirtschaftliche Maßnahmen ergreifen, um die Menschen vor dem Hunger zu bewahren, ihnen zu helfen, ihr Leben wieder aufzubauen, und langfristige Lösungen zu finden, um die Ursachen des Hungers zu bekämpfen. Investitionen in die Verringerung des Katastrophenrisikos im Landwirtschaftssektor können erhebliche Vorteile für die Widerstandsfähigkeit bringen und müssen ausgeweitet werden", fügte er hinzu.

"Es hungern nicht nur mehr Menschen an mehr Orten auf der Welt, sondern der Hunger ist auch schlimmer als je zuvor", sagte Cindy McCain, Exekutivdirektorin des WFP.

Der Bericht warnt vor der großen Gefahr eines El Niño, der nach Prognosen von Meteorolog*innen mit einer Wahrscheinlichkeit von 82 Prozent bis Mitte 2023 auftreten wird. Die erwartete Verschiebung der Klimamuster wird erhebliche Auswirkungen auf mehrere Krisenherde haben, darunter unterdurchschnittliche Regenfälle im Trockenkorridor in Mittelamerika, und lässt das Schreckgespenst aufeinander folgender extremer Klimaereignisse in der Sahelzone und am Horn von Afrika aufkommen.

Regionalen Folgen der Krise im Sudan

Der Bericht warnt, dass die Krise im Sudan zu massiven Bevölkerungsverschiebungen und Hunger unter Flüchtlingen und aufnehmenden Gemeinschaften in der Region führt. Es wird erwartet, dass mehr als eine Million Menschen aus dem Land fliehen werden, während weiteren 2,5 Millionen Menschen im Sudan in den kommenden Monaten akuter Hunger droht.

Der Sudan ist ein Land, das über eine Million Flüchtlinge beherbergt - wenn der Konflikt anhält, werden wahrscheinlich Hunderttausende in ihre Herkunftsländer zurückkehren. Vieler dieser Länder durchleben bereits unterfinanzierte und langwierige Flüchtlingskrisen, die durch soziale, politische und wirtschaftliche Stressfaktoren noch verschärft werden.

Die Versorgungsrouten für Handels- und Hilfsgüter in und aus Port Sudan werden durch die unsichere Lage unterbrochen, was die humanitären Hilfsströme und die regionalen Hilfsbemühungen gefährdet, so der Bericht weiter. Die Unterbrechung des Handels, der grenzüberschreitenden kommerziellen Aktivitäten und der Versorgungsketten könnte auch die Preise und die Inflation in die Höhe treiben. Das könnte die Devisenreserven in mehreren Ländern aufbrauchen - insbesondere im Südsudan, der sowohl für kommerzielle und humanitäre Importe als auch für lebenswichtige Ölexporte auf Port Sudan angewiesen ist.

Der Bericht warnt davor, dass die Vertreibung in die Nachbarländer und die Unterbrechung des Handels auch zu Spannungen zwischen den Vertriebenen, aufnehmenden Gemeinschaften, und den Neuankömmlingen führen könnten. Viele der am stärksten betroffenen Länder haben bereits mit einer beträchtlichen Anzahl von Vertriebenen zu kämpfen, die um begrenzte Arbeitsmöglichkeiten und Lebensgrundlagen konkurrieren - insbesondere der Tschad und der Südsudan, wo sich das fragile soziopolitische Umfeld zu verschlechtern droht. 

Steigende wirtschaftliche Risiken

Wirtschaftliche Schocks und Stressfaktoren sind nach wie vor die Ursache für akuten Hunger in fast allen Krisenherden. Dies spiegelt globale Trends wider, die sich aus dem Jahr 2022 fortsetzen, als wirtschaftliche Risiken in mehr Ländern und für mehr Menschen Konflikt als Haupthungerursache ablösten. Diese Risiken hängen weitgehend mit den sozioökonomischen Folgen der COVID-19-Pandemie und den Auswirkungen des Krieges in der Ukraine zusammen. 

Für das Jahr 2023 wird eine weltweite Konjunkturabschwächung erwartet, da die Finanzpolitik in den Ländern mit hohem Einkommen gestrafft wird, was die Kreditkosten erhöht, die lokalen Währungen schwächt und die Schuldenkrise in den Volkswirtschaften mit niedrigem und mittlerem Einkommen weiter verschlimmert. Der Internationale Währungsfonds prognostiziert für 2023 ein globales BIP-Wachstum von 2,8 Prozent - der niedrigste Wert seit zehn Jahren, abgesehen von dem durch COVID-19 verursachten Einbruch im Jahr 2020. Auch das BIP der afrikanischen Länder südlich der Sahara wird um 0,3 Prozent weniger wachsen als 2022. Die Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen werden voraussichtlich am stärksten von dem prognostizierten langsamen Wachstum in ihren wichtigsten Exportmärkten betroffen sein, während die Inflationsraten in den Ländern mit hohem Einkommen, die stark von den Exporten in die fortgeschrittenen Volkswirtschaften abhängig sind, steigen werden.

Da die weltweiten Lebensmittelpreise in den kommenden Monaten im Vergleich zu historischen Standards wahrscheinlich hoch bleiben werden, ist es unwahrscheinlich, dass der makroökonomische Druck in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen nachlassen wird. Dies bedeutet, dass der daraus resultierende Kaufkraftverlust den Zugang der Familien zu Nahrungsmitteln in den kommenden Monaten in vielen Krisengebieten negativ beeinflussen wird.

Die wichtigsten Ergebnisse

Dem Bericht zufolge gilt für Afghanistan, Nigeria, Somalia, Südsudan und Jemen weiterhin die höchste Alarmstufe. Haiti, die Sahelzone (Burkina Faso und Mali) und der Sudan wurden in die höchste Alarmstufe eingestuft, da die Bewegungsfreiheit von Menschen und Gütern in Burkina Faso, Haiti und Mali stark eingeschränkt ist und im Sudan kürzlich ein Konflikt ausgebrochen ist. In allen Hotspots der höchsten Stufe gibt es Gemeinschaften, denen eine Hungersnot droht oder die Gefahr besteht, dass sie in eine katastrophale Situation abgleiten. Dort hat Hunger bereits das Notfallniveau erreicht hat und wird durch schwerwiegende Faktoren weiter verschärft. Diese Krisenherde erfordern die dringendste Aufmerksamkeit, warnt der Bericht. 

Die Zentralafrikanische Republik, die Demokratische Republik Kongo, Äthiopien, Kenia, Pakistan und Syrien sind besonders besorgniserregende Krisenherde. Zum ersten Mal in diesem bericht wird die Warnung auch auf Myanmar ausgedehnt. In all diesen Krisenherden ist eine große Zahl von Menschen von akutem Hunger betroffen, der sich in den kommenden Monaten noch weiter verschärfen dürfte. Neben Malawi und Zentralamerika (El Salvador, Guatemala, Honduras und Nicaragua), die nach wie vor zu den Hotspots zählen, wurde auch der Libanon in die Liste der Hotspots aufgenommen.

Frühzeitig helfen und Katastrophen vorbeugen

Um eine weitere Verschlimmerung von akutem Hunger und Mangelernährung zu verhindern, enthält der Bericht konkrete länderspezifische Empfehlungen für unmittelbare Nothilfe, um Menschenleben zu retten, Hungersnöte abzuwenden und Existenzgrundlagen zu sichern sowie für vorausschauende Maßnahmen. Humanitäre Maßnahmen sind von entscheidender Bedeutung, um Hunger und Tod zu verhindern - insbesondere in den Krisengebieten mit der höchsten Alarmstufe. Der Bericht stellt jedoch fest, dass der Zugang für humanitäre Helfer*innen durch Unsicherheit, bürokratische Hindernisse und Bewegungseinschränkungen eingeschränkt ist, was für humanitären Helfer*innen weltweit eine große Herausforderung darstellt.

Der Bericht betont auch, wie wichtig es ist, vorausschauende Maßnahmen im Rahmen der humanitären Hilfe und der Entwicklungszusammenarbeit zu verstärken, um sicherzustellen, dass vorhersehbare Gefahren nicht zu ausgewachsenen humanitären Katastrophen werden.

Hinweis für Redakteur*innen

Der Bericht über die Hunger-Hotspots zeigt Gebiete auf, in denen die akuter Hunger während des Prognosezeitraums zunehmen könnte. Die Hotspots werden durch eine vorausschauende Analyse ermittelt und in einem konsensbasierten Prozess ausgewählt, an dem Expertenteams von WFP und FAO sowie auf Konflikte, wirtschaftliche Risiken und Naturgefahren spezialisierte Analyst*innen beteiligt sind. Der Bericht ist Teil einer Reihe analytischer Produkte, die im Rahmen des Globalen Netzwerks gegen Ernährungskrisen erstellt werden, um die Erstellung und den Austausch faktengestützter Informationen und Analysen zur Vermeidung und Bewältigung von Ernährungskrisen zu verbessern und zu koordinieren.

Die digitale Version des Berichts ist auch unter diesem Link verfügbar

Bildmaterial aus den Hunger Hotspots finden Sie unter diesem Link.

Videomaterial in Sendequalität über diesen Link.

 

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