Neue Analyse: Weiter Gefahr einer Hungersnot wegen anhaltender Kämpfe und eingeschränkter Hilfe im Gazastreifen
Der heute veröffentlichte Integrated Food Security Phase Classification (IPC)-Snapshot prognostiziert, dass in den kommenden Monaten 1,95 Millionen Menschen (91 Prozent der Bevölkerung) von akutem Hunger (IPC-Phase 3 oder schlimmer) betroffen sein werden. Der Report, der internationale anerkannte, wissenschaftliche Standards zur Bewertung des Ausmaßes von Ernährungsunsicherheit verwendet, gibt außerdem an, dass 345.000 Menschen von katastrophalem Hunger (IPC-Phase 5) und 876.000 Menschen (41 Prozent) von Hunger auf Notfallniveau (IPC-Phase 4) betroffen sein werden.
Zwar zeigt der Bericht eine minimale Verbesserung der Ernährungssituation im September und Oktober 2024, die auf verstärkte humanitäre Hilfe in Nord-Gaza, Gaza-Stadt, Deir al-Balah und Khan Younis zwischen Mai und August zurückzuführen ist.
Diese leichte Verbesserung dürfte jedoch angesichts der anhaltenden Kämpfe und der seit September stark eingeschränkten Hilfslieferungen nur von kurzer Dauer sein. Ein Großteil der Bevölkerung könnte im Winter wieder in schweren Hunger abrutschen; akute Unterernährung wird sich verschärfen.
„In den ersten beiden Oktoberwochen sind keine humanitären Nahrungsmittellieferungen in den nördlichen Gazastreifen gelangt und nur wenige Lastwagen haben den Süden und die zentralen Gebiete erreicht. Das lässt vermuten, dass die Lage schlimmer ist als die im September erhobenen Daten zeigen“, sagte Arif Husain, Chefökonom des WFP. „Die kommerziellen Versorgungsrouten sind zusammengebrochen, massive Vertreibungen finden statt, die Infrastruktur ist zerstört, die Landwirtschaft liegt brach. Den Menschen fehlt das Geld. All das spiegelt sich in den Prognosen des IPC wider, die eine Verschlechterung der Lage ab November voraussagen.“
Im September konnte WFP aufgrund des Nahrungsmittelmangels nur die Hälfte der geplanten Familien mit reduzierten Rationen unterstützen. Im Oktober war keine Verteilung von Lebensmittelpaketen möglich, und die Vorräte für warme Mahlzeiten und Brotproduktion gehen zur Neige.
Der IPC-Bericht warnt, dass die Gebiete im nördlichen und zentralen Gazastreifen sowie Rafah im Süden zwischen November 2024 und April 2025 von einer Hungersnot bedroht sein könnten, wenn die Kämpfe andauern und die humanitären und kommerziellen Versorgungsrouten weiter stark eingeschränkt bleiben. Der Konflikt im nördlichen Gazastreifen und in Deir al-Balah deutet darauf hin, dass das schlimmste Szenario realistisch ist.
WFP hat wiederholt die Öffnung der Grenzübergänge, den Abbau bürokratischer Hürden und die Wiederherstellung von Recht und Ordnung am Grenzübergang Kerem Shalom im Süden des Gazastreifens gefordert. WFP drängt zudem auf die Einstellung der Kämpfe, um angemessene humanitäre Hilfe leisten zu können.
„Die leichten Fortschritte zeigen, dass der Zugang humanitärer und kommerzieller Güter funktioniert hat. Doch jetzt stehen wir vor einer schwierigen Lage. Ohne sicheren und dauerhaften Zugang kann WFP keine lebensrettende Hilfe im nötigen Umfang leisten“, sagte Husain.
###
Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) ist die größte humanitäre Organisation der Welt im Kampf gegen den Hunger. Wir retten Leben in Notfällen und ebnen mit Ernährungshilfe den Weg zu Frieden, Stabilität und Wohlstand für Menschen, die von Konflikten, Katastrophen und den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind.
Folgen Sie uns auf X (vormals Twitter) @WFP_DE