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Sudan: Geflüchtete aus Tigray leben sich ein, fürchten jedoch um ihre vermissten Angehörigen

Das UN World Food Programme (WFP) arbeitet mit Partnern zusammen und unterstützt Tausende von Menschen, die sich auf ein hartes neues Leben einstellen müssen
, By Leni Kinzli
A boy in Um Rakuba refugee camp in eastern Sudan
Ein Junge aus Tigray im Flüchtlingscamp Um Rakuba im Osten des Sudans. Foto: WFP/Arete/Ed Ram

Die Namen der in diesem Beitrag erwähnten Personen wurden zum Schutz ihrer Identität geändert

Auf den ersten Blick scheint sich ein Gefühl von Normalität und Alltag im Flüchtlingscamp Um Rakuba im Osten Sudans eingestellt zu haben. Viele Zehntausende Menschen flohen aus der äthiopischen Region Tigray in das Camp und müssen sich jetzt an ihr neues Leben gewöhnen.  

Seit November letzten Jahres haben schätzungsweise 60.000 Menschen auf der Flucht vor Gewalt die Grenze überquert und sind jetzt Geflüchtete. Das UN World Food Programme (WFP) spielt eine entscheidende Rolle in Um Rakuba und leistet lebensrettende Ernährungshilfe.

A general view of the Um Rakuba Refugee Camp in eastern Sudan
Bewohner*innen in Um Rakuba haben Geschäfte eröffnet und Kochgelegenheiten geschaffen. Foto: WFP/Leni Kinzli

Geflüchtete betreiben kleine Läden und verkaufen alltägliche Haushaltsartikel. Sie haben Kochherde aus Lehm und Wasser gebaut und begonnen, das Land zu beackern. Jugendleiter*innen organisieren Kulturveranstaltungen. In Hütten, die aus Strohmatten geflochten sind, spielen Familien Karten. 

Da viele das Essen aus ihrer Heimat vermissen, finden sie neue Wege, traditionelle Rezepte zu kochen. Mit dem von WFP bereitgestellten Sorghum und Öl macht ein Mann Bombolinos – äthiopische Donuts – und verkauft diese am Straßenrand.

A man makes an Ethiopian pastry known as Bombolino
Mit Zutaten von WFP bereitet ein Verkäufer in Um Rakuba äthiopische Donuts zu. Foto: WFP/Leni Kinzli 

Doch die Männer, die auf Eseln durch die Straßen reiten und Karren voller Säcke mit WFP-Nahrungsmitteln ziehen, erinnern daran, dass die Situation hier alles andere als normal ist. Die Menschen hier haben bei ihrer Flucht alles zurückgelassen und sind nun auf Ernährungshilfe und andere Hilfsleistungen von humanitären Organisationen wie WFP angewiesen.

Dennoch gibt es Fortschritt. Die jetzige Situation ähnelt nicht ansatzweise den Szenen, als Ende des letzten Jahres neu angekommene Familien unter großen Schutzdächern zusammengepfercht versuchten, der gewaltigen Hitze zu entkommen, während sie auf Hilfe warteten. 

Die Menschen hatten keinen Herd, um ihr eigenes Essen zu kochen, also wurden warme Mahlzeiten in riesigen Töpfen für sie zubereitet. Die Töpfe wurden inzwischen wieder verstaut – ein Zeichen dafür, dass sich die Lage verbessert hat und die Menschen zumindest in der Lage sind, ihre eigenen Mahlzeiten zuzubereiten.

Inmitten des geschäftigen Treibens im Camp geben uns einige einen Einblick in den Schmerz und den Verlust, die sie durchlitten haben. 

Haftom gehört zu den mehr als 20.000 Menschen in Um Rakuba, die monatliche Nahrungsmittelrationen von WFP erhalten. Geduldig steht der 28-Jährige in der Schlange für Salz, Öl und Säcke mit Sorghum und gelben Erbsen, die er dann auf einen Karren lädt.

Sein breites Lächeln und sein verspieltes Auftreten verschwinden schnell, wenn er erzählt, was er durchgemacht hat, als der Konflikt in Tigray ausbrach. Es falle ihm schwer, darüber zu sprechen, sagt er, weil er Angst vor Konsequenzen habe und nicht ins Detail gehen wolle.

Assistance
Sorghum wird in Um Rakuba verteilt. Foto: WFP/Arete/Ed Ram

Was er allerdings verrät, ist, dass er seine Familie nicht mehr finden konnte und deshalb mit Tausenden anderen die Grenze von Äthiopien in den Sudan überquerte – in der Hoffnung, sie in einem der Camps wiederzufinden. 

„Hier ist es nicht wie in meiner Heimat“, sagt er, „aber wenigstens fühle ich mich sicher. Das Essen ist gut, zumindest reicht es zum Überleben.”

Ein Gefühl der Erleichterung liegt auf seinem Gesicht, das jedoch schnell von Angst überschattet wird – Angst um den Verbleib und das Wohlergehen seiner Familie, die er nicht finden konnte. 

Tränen fließen über Haftoms Gesicht, wenn er von seinem jüngeren Bruder Gebre spricht, der für ihn fast wie ein Sohn ist, erklärt er. Er zog ihn mit auf, weil ihre Mutter starb.

Gebre könnte zu den 17.000 Geflüchteten gehören, die erst noch in einem der beiden Flüchtlingscamps im sudanesischen Bundesstaat Gedaref untergebracht werden müssen.  

Auch im Aufnahmezentrum in Hamdayet an der Grenze arbeitet WFP rund um die Uhr, um monatliche Nahrungsmittelrationen bereitzustellen.

donkeys pull bags of food
Karren helfen bei der Verteilung der Rationen. Foto: WFP/Leni Kinzli

Monatelange blieb das Kommunikationsnetz in Tigray ausgeschaltet, weshalb Haftom und so viele andere ohne jegliche Kenntnisse über ihre Angehörigen in der Heimat verharren. Diese Stille macht die Ungewissheit darüber, was mit ihren Familien geschehen sein könnte, nur noch schwerer zu ertragen.  

Während die Menschen, die sich in Flüchtlingscamps im Sudan niedergelassen haben, nun regelmäßig Unterstützung erhalten, benötigen schätzungsweise 3 Millionen Menschen innerhalb von Tigray dringend Ernährungshilfe.

Seitdem WFP Zugang zur Tigray-Region hat, haben wir 19.775 Tonnen Nahrungsmittel an vier Orte gebracht: Adi Harush, Mai Aini, Mekelle und Shire.  

Während die Menschen in der Tigray-Region und diejenigen, die in den Sudan flüchten, weiterhin von WFP und unseren Partnern mit Nahrungsmitteln unterstützt werden, kann Haftom nur darauf hoffen, dass auch sein Bruder und seine anderen Familienmitglieder unter denjenigen sind, die Hilfe erhalten.

 

Dank flexibler Finanzierung aus Deutschland, Norwegen, der Schweiz, Großbritannien und den USA konnte WFP 5,2 Millionen US-Dollar (~ 4,4 Millionen Euro) von anderen humanitären Hilfsprogrammen im Sudan für die sofortige Nothilfe für Geflüchtete zu Beginn der Krise verwenden. 

WFP-Sudan hat außerdem 800.000 US-Dollar (~ 680.350 Euro) aus Japan und 15.000 Euro aus Andorra für die Flüchtlingshilfe im Osten Sudans erhalten.  

Trotz dieser großzügigen Zuwendungen und Bemühungen benötigt WFP-Sudan noch 121,8 Millionen US-Dollar (~ 103,6 Millionen Euro) für alle Einsätze bis Juli. Davon werden alleine 8,6 Millionen US-Dollar (~ 7,3 Millionen Euro) benötigt, um die Ernährungshilfe für die Geflüchteten aus Tigray aufrechtzuerhalten.

Mehr zur Arbeit von WFP im Süden

So kannst Du mithelfen: Lade die App Share the Meal herunter und teile Deine Mahlzeit mit Geflüchteten aus Tigray.