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„Früher konnten wir dreimal am Tag essen, jetzt können wir es uns nur mehr einmal leisten“

Die Dürre in Simbabwe sorgt nicht nur für Wasser- und Nahrungsmittelknappheit — auch die Hoffnung selbst wird knapp.
, WFP Deutsch

Die Dürre in Simbabwe sorgt nicht nur für Wasser- und Nahrungsmittelknappheit — auch die Hoffnung selbst wird knapp.

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Tapferes Gesicht: Kleinbäuerin Eddies sitzt in ihrem kargen Feld in Mwenezi, Simbabwe. Foto: WFP/Isheeta Sumra

„Der Regenmacher im Dorf hat gesagt wir sollen die Götter besänftigen, damit mit sie uns Regen schenken", sagt Eddies Mafire aus Mwenezi, einem kleinen Distrikt im Süden von Simabwe. Genau wie der Rest des Landes ist auch Mwenezi hart von der Dürre getroffen. Sie fügt hinzu: „Normalerweise hätten wir Bier gebraut, um es den Göttern anzubieten, aber dieses Mal gab es nichts, aus dem wir Bier machen konnten. Also hatten wir weder Bier noch Regen."

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Dorfbewohner können ihr Vieh nicht retten. Foto: WFP/Isheeta Sumra

Mehr als die Hälfte der simbabwischen Bevölkerung — 7,7 Millionen Menschen — kann sich nicht ausreichend ernähren. WFP verdoppelt aktuell seine Ernährungshilfe, um 4,1 Millionen Bedürftige zu erreichen.

Wir verteilen monatliche Notrationen aus Hülsenfrüchten, Getreide und Öl, sowie mit Nährstoffen angereicherte Spezialnahrung für Schwangere, stillende Mütter und Kleinkinder. Damit die Unterstützung bis Juni weiter ausgebaut werden kann, benötigt WFP dringend weitere 200 Millionen US-Dollar.

Die Hauptlast der anhaltenden Dürre und einer Wirtschaft im freien Fall tragen die Menschen in Simbabwe selbst.

Eddies trägt viel Verantwortung. Als Witwe ist sie das Oberhaupt einer 28-köpfigen Familie, die aus ihrer Mutter, drei Schwägerinnen und deren 23 Kindern besteht. Die schlechten Zukunftsperspektiven in ihrem Dorf zwangen ihre Brüder dazu, ihre Familien zu verlassen und Arbeit in Südafrika zu suchen.

„Es gab eine Zeit, in der wir Gemüse auf den Feldern ernten und es für unsere Kinder kochen konnten", sagt Eddies. „Sieh dich um. Es ist tragisch. Es gibt kein Licht am Ende des Tunnels."

Jahr für Jahr gibt es keinen Regen. Die Felder sind kahl und ausgedörrt. „Es scheint so, als hätten uns alle vergessen, sogar Gott", sagt sie. Um die Mittagszeit sind die Kinder quengelig. Sie haben den ganzen Tag nichts gegessen. Jetzt sehen sie einen Topf Sadza — ein Haferbrei aus Mais und Hirse — auf dem Feuer stehen.

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Kinder essen Sadza — ein Haferbrei aus Hirse und gesammeltem Gemüse aus dem Wald. Foto: WFP/Aaron Ufumeli

Das Essen wird von einem geteilten Teller gegessen. Als sich die Kinder darum versammeln, weiß auch die Jüngste, nur 2 Jahre alt, dass sie für sich selbst sorgen muss, bevor ihre älteren Geschwister alles aufessen. Es ist ihre erste und letzte Mahlzeit des Tages.

„Früher konnten wir dreimal am Tag essen, jetzt können wir es uns nur mehr einmal leisten", sagt Eddies. „Wir haben damals in einem großen Topf gekocht, jetzt benutzen wir einen viel kleineren. Das ist alles, was wir uns leisten können."

Unkontrollierte Inflation und eine immer schwächere Währung haben die Preise für Grundnahrungsmittel in die Höhe getrieben — weit über das, was sich die meisten Menschen in Simbabwe leisten können. „Ich kann mir noch nicht einmal Salz leisten", sagt Eddies.

2019 sind die Preise für Grundnahrungsmittel im Schnitt um mehr als 350% angestiegen — Maiskörner verzeichneten mit über 600% den höchsten Anstieg.

Eddies Familie hat kein Bargeld mehr und ernährt sich von Würmern und Wildkräutern, die sie in den Wäldern findet. Ohne die Notrationen von WFP würden sie verhungern, sagen sie.

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Eddies und ihre Schwägerin schieben den mit Essen bepackten Wagen selbst — ihr Esel ist gestorben. Foto: WFP/Aaron Ufumeli

Eddies und ihre Schwägerin laufen 3 Kilometer zu einer WFP-Verteilstelle. Seitdem sie ihren Esel durch die Dürre verloren haben, müssen sie ihren mit Essen beladenen Wagen selbst unter der sengenden Sonne nach Hause schieben.

Zuhause angekommen wird der Wagen mit Erleichterung empfangen. Während das Essen die Hoffnung auf das Überleben wiederherstellt, kämpft die einzige verbliebene von 15 Kühen aus der Herde der Familie um ihr Leben.

Nutztiere sind für viele Gemeinschaften in Mwenezi eine wichtige Einkommensquelle. Der Verkauf einer einzigen Kuh brachte früher genug Geld, um Essen zu kaufen und die Kinder in die Schule zu schicken. Aber das wertvolle Vieh erliegt reihenweise der Dürre. Eddies kichert nervös und zeigt auf ein nahegelegenes Stück Land, auf dem Dorfbewohner ihr totes Vieh ablegen. Sie bezeichnen es liebevoll als Denkmal für ihre Helden.

Das „Denkmal" ist voller Kadaver, die gerade mal einen Tag alt sind. „Wenn wir keine Notrationen mehr von WFP bekommen, dann ende ich auch hier", sagt Eddies im Vorbeigehen. „Es ist eine Sache meinem Vieh dabei zuzusehen, wie es vor meinen Augen stirbt. Was mir am meisten wehtut ist, dass ich meine Kinder nicht mehr in die Schule schicken kann."

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Durch die Dürre gibt es mehr Hunger — es ist kein Anzeichen von Milderung in Sicht. Foto: WFP/Aaron Ufumeli

Eddies erzählt, dass ihr ältester Sohn, der Lehrer werden will, jetzt zuhause sitzt. „Er sagt mir, dass er mit einem leeren Magen nicht in die Schule gehen kann."

Eddies sitzt nachdenklich unter einem Baum und erinnert sich an bessere Zeiten — Zeiten des Überflusses. Früher war Weihnachten eine Zeit, in der gefeiert wurde — letzten Dezember war das nicht der Fall. „Wir saßen alle zuhause. Kein Essen, keine Feier", sagt sie.

Eddies ist erschöpft und tieftraurig. „Vielleicht wirst du bald hören, dass ich gestorben bin. Mein Kopf und mein Herz sind so belastet."

Die Wahrscheinlichkeit in den nächsten Wochen eine weitere schlechte Ernte einzufahren, ist groß. Dass Familien wie Eddies‘ genügend zu Essen haben, bleibt eine große Herausforderung.

Als wir die Kadaver hinter uns gelassen und unter der sengenden Sonne laufen, höre ich meinen simbabwischen Kollegen ein Lied von Shiwoniso Maraire in Shona singen. Irgendetwas daran fühlt sich merkwürdig berührend an:

Vamwe vaparara nenzara (Manche sterben an Hunger)

Vamwe vachifa nekuguta (Manche sterben an einem vollen Bauch.).