Von braun zu grün, von Sand zu Salat: Welchen Unterschied ein Jahr machen kann
„Der Sahel darf sich nicht oft über gute Nachrichten freuen." Das weiß Lena Savelli, Landesdirektorin des UN World Food Programme (WFP) im Senegal nur zu gut.

Vor genau einem Jahr fuhr Lena Savelli in den trockenen Norden des Landes, um mit eigenen Augen zu sehen, wie die unzureichenden Regenfälle und mageren Ernten immer mehr Gemeinden bedrohten. Es war der Beginn der sogenannten ‚lean season‘ — der Zeit zwischen dem Punkt, an dem die letzte Ernte verbraucht ist und der neuen Ernte. In dieser Hungersaison sind die Nahrungsmittel besonders knapp und die Menschen ahnten es bereits: Es gab einfach nicht genügend Essen für alle.
Doch ein Jahr später kann Savelli erleichtert aufatmen. Zum ersten Mal seit sechs Jahren muss kein einziger Regierungsbezirk Senegals eine Hungerkrise während der ,lean season‘ fürchten. Nicht einmal im Nordosten des Landes, wo immer wiederkehrende Dürren und eine wachsende Bevölkerung berüchtigt dafür sind, tausenden Familien den Zugang zu ausreichender Ernährung zu verwehren.


"Letztes Jahr lag überall Sand in Matam. Soweit das Auge reichte", erinnert sich Savelli an ihren Besuch in der Region, in der der Hunger am schlimmsten ist.
„Wenn man das mit jetzt vergleicht, sieht man den Unterschied auf den ersten Blick: Wo früher nur Sand lag, gibt es jetzt Grünstreifen, auf denen Familien Kohl, Salat, Rüben, Auberginen, Zwiebeln, Tomaten und Kartoffeln anpflanzen. Dadurch können sie sich nicht nur ernähren, sondern auch noch etwas dazuverdienen."
Wie ist es zu diesem Wandel gekommen?
Als klar wurde, dass sich eine Krise anbahnte, schaltete sich WFP ein, um betroffene Familien mit Bargeldtransfer zu unterstützen und die Krise abzuwenden, bevor sie eintreten würde. Mit dem Geld konnten Familien Essen kaufen und die Zeit bis zur nächsten Ernte überbrücken. Dabei drehte sich nicht alles um Kalorien: Menschen mit besonderen Ernährungsbedürfnissen — etwa schwangere und stillende Frauen oder Kleinkinder — erhielten zusätzlich mit Nährstoffen angereicherte Spezialnahrung.
„Aber wir beließen es nicht dabei, den Menschen nur durch die Krise zu helfen", bemerkt Savelli. „Wir blieben auch nach der Krise vor Ort und arbeiteten gemeinsam mit den lokalen Gemeinden, um sie widerstandsfähiger gegen die nächste Dürre zu machen", fügt sie hinzu und erklärt, dass es im Sahel keine Frage ist, ‚ob‘ es eine Dürre geben wird, sondern ‚wann‘ sie kommen wird.

WFP bestimmte zusammen mit den Gemeinden, welche konkreten Maßnahmen notwendig sind, damit die nächste Klimakrise nicht mehr so schlimm wird. Dazu gehörten beispielsweise der Anbau von Viehfutter, damit es zu weniger Konflikten zwischen Hirten und Landwirten kommt; die Wiederherstellung der Bodenqualität durch Boden- und Gewässerschutz und eine bessere Agrarforstwirtschaft; der Bau von Gemüsegärten für den Eigenbedarf aber auch als Einnahmequelle; und zu guter Letzt energieeffiziente Öfen, die sich weniger stark auf das belastete Ökosystem niederschlagen und ganz nebenbei das mühselige Brennholzsammeln ersparen.
WFP unterstützte die Gemeindemitglieder, während sie diese Maßnahmen umsetzten mit Ernährungshilfe, Workshops, Saatgut und Düngemittel und Schulmahlzeitenprogrammen, um Schülerinnen und Schüler zum Schulbesuch zu ermutigen. Besonders Frauen und Mädchen profitierten davon. „Wenn es in dieser Region zu wenig zu essen gibt, verzichten zuerst die Frauen auf ihr Essen, damit die Kinder und Männer der Familie essen können. Im Alter von 12 Jahren bricht bereits ein Viertel der Mädchen die Schule ab und mit 18 sind mehr als die Hälfte von ihnen verheiratet", sagt Savelli. „Wir wollten sicherstellen, dass unsere Hilfe besonders bei Frauen und Mädchen ankommt."


Der gewählte Ansatz erwies sich als erfolgreich: Teilnehmende Familien konnten ihre Ernährungssituation drastisch verbessern; 3.200 Hektar Agrarland wurden für den Anbau von Getreide, Viehfutter, Früchte und Gemüse aufbereitet, wovon 8.500 Familien profitieren; die gemeinsame Arbeit für eine bessere Widerstandsfähigkeit verbesserte den Zusammenhalt innerhalb der Gemeinden; und 7 Prozent mehr Kinder besuchen mittlerweile die Schule.
„Was wir in Matam durch den integrierten Ansatz für eine bessere Resilienz erreicht haben, zeigt, wie ein Hilfseinsatz gegen eine drohende Krise in die Grundlage langfristiger Resilienz und Entwicklung verwandelt werden kann. Niemand will sich Jahr ein, Jahr aus in der gleichen Situation wiederfinden", sagt Savelli.
„Dank dem nachhaltigen Engagement der senegalischen Regierung und einer relativen Stabilität des Landes, konnten wir recht schnell Erfolge ausmachen", fügt sie hinzu.
Wenn Frieden und Stabilität herrschen, kann man sich auch besser auf den Zugang zu Nahrungsmitteln konzentrieren. In anderen Teilen der westafrikanischen Sahel-Region bedrohen Unsicherheit und Konflikt die bedeutenden Gewinne im Kampf gegen Hunger.
„Der Regen war dieses Jahr besser, aber wenn wir den Plan weiter verfolgen und unsere Erfolge festigen, wird die nächste Dürre keine Katastrophe mehr. Wir wollen, dass gute Nachrichten zum Normalfall werden", folgert sie.

Der integrierte Ansatz zum Aufbau der Resilienz in Matam wurde durch Zuwendungen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), USAID, Frankreich, Kanada und Luxemburg ermöglicht. Obwohl im Senegal im Vergleich zu 2018 weniger Hunger herrscht, können sich dennoch etwa 340.000 Menschen während der ,lean season‘ nicht ausreichend ernähren. WFP benötigt 3,3 Millionen US-Dollar, um Ernährungshilfe für die Bedürftigsten zu leisten.