Konflikt und Wirtschaftskrise: Jemen steht am Abgrund
Der Konflikt ist entlang mehr als 40 Fronten eskaliert, die Kosten für Grundnahrungsmittel sind höher als je zuvor und die Währung hat allein dieses Jahr 25 Prozent ihres Wertes verloren – und damit 70 Prozent im Vergleich zu vor dem Krieg eingebüßt. Da die Devisenreserven des Landes gegen null tendieren, könnte der Jemen seine Fähigkeit verlieren, Nahrungsmittel zu importieren, wodurch weiteren Millionen Menschen Hunger droht.
„Der Jemen ist eine menschengemachte Krise und es gibt eine menschengemachte Lösung. Wir brauchen Zugang, Finanzierung und letztlich Frieden“, sagte WFP-Exekutivdirektor David Beasley. „2018 haben wir den Jemen vor einer Hungersnot bewahrt. Das können wir wieder tun, wenn wir die Mittel und den Zugang erhalten.“
Die Bedingungen im Jemen sind noch schlechter als während des bisherigen Tiefpunkts 2018. Über 20 Millionen Menschen im Jemen können sich nicht ausreichend ernähren, 13 Millionen sind täglich auf die Ernährungshilfe von WFP angewiesen. Weitere drei Millionen Menschen sind dem Risiko einer Verschlimmerung des Hungers ausgesetzt, weil das Coronavirus unkontrolliert über das Land hinwegfegt.
In den letzten sechs Monaten haben Familien in den von den Behörden von Sanaa kontrollierten Gebieten nur jeden zweiten Monat Nahrungsmittelhilfe erhalten, weil WFP seine begrenzten Ressourcen staffeln musste, um eine vollständige Unterbrechung der Hilfe zu vermeiden. Darunter leiden Millionen von Bedürftigen: Innerhalb von nur drei Monaten stieg der Anteil der Menschen, die zu wenig zu essen hatten, WFP-Daten zufolge von 28 auf 43 Prozent.
Der Jemen ist eine der komplexesten Hilfsoperationen der Welt und zahlreiche Hürden untergraben die humanitäre Hilfe. Jeden Tag werden WFP-Lastwagen mit Nahrungsmitteln durch bürokratische Verzögerungen aufgehalten. Außerdem wurde bis heute noch keine einzige Person biometrisch für die Ernährungshilfe in den Gebieten registriert, die den in Sanaa ansässigen Behörden unterstehen.
Unterdessen haben politische Auseinandersetzungen um Treibstoffimporte nach Hodeidah zu einer lähmenden Treibstoffknappheit geführt. Das wirkt sich nicht nur auf die Lieferung von Nahrungsmitteln aus, sondern auch auf die humanitäre Unterstützung für Krankenhäuser und Wasseraufbereitungsanlagen. Zudem wurde der Flughafen von Sanaa inzwischen geschlossen, wodurch Hilfskräfte im Jemen festsitzen oder nicht einreisen können.
„Das muss alles aufhören, wenn die humanitäre Gemeinschaft die jemenitische Bevölkerung vor einer Hungersnot bewahren soll“, sagte Beasley. „Außerdem muss die internationale Gemeinschaft humanitäre Hilfe so großzügig wie in den vergangenen Jahren finanzieren, damit wir dem Jemen helfen können, über den Berg zu kommen.“
WFP bat 2020 um 2,5 Milliarden US-Dollar, um die 2019 erzielten Fortschritte im Kampf gegen den Hunger zu erhalten. Etwa die Hälfte davon wurde WFP für seine Hilfe in diesem Jahr zur Verfügung gestellt – darunter auch die jüngste Zuwendung des Königreichs Saudi-Arabien in Höhe von 138 Millionen US-Dollar. Der dringende Finanzierungsbedarf für die nächsten sechs Monate beläuft sich auf mehr als 500 Millionen US-Dollar – wobei allein bis Ende des Jahres dringend 150 Millionen US-Dollar benötigt werden. Falls WFP keine zusätzlichen Mittel erhält, sind bis Jahresende weitere Kürzungen der Ernährungshilfe zu erwarten.
Die 5 größten Geber für WFP-Hilfen im Jemen 2020 sind aktuell die USA (272 Millionen US-Dollar), das Königreich Saudi-Arabien (138 Millionen US-Dollar), Deutschland (103 Millionen US-Dollar) und Großbritannien (40 Millionen US-Dollar).
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