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Tech-Trainings gegen Jugendarbeitslosigkeit in Kenias größtem Slum — Fünf Lebensgeschichten aus Kibera

Das WFP-Schulungsprogramm EMPACT setzt junge Menschen auf die Überholspur der digitalen Wirtschaft und verbessert Lebensgrundlagen und Einkommen
, WFP Deutsch

von Gulia Rakhimova

Der Name Kibera leitet sich vom nubischen Wort für „Dschungel" oder „Wald" ab. Kibera ist eine informelle Siedlung in Kenias Hauptstadt Nairobi — und die größte städtische in ganz Afrika. Trotz wachsender öffentlicher Investitionen in die Modernisierung Kiberas sind Armut und Arbeitsplatzmangel für mehr als eine Million Einwohner*innen des Slums nach wie vor Alltag. Einkommensmöglichkeiten sind mager.

Das EMPACT-Projekt des UN World Food Programme (WFP) Innovation Accelerator ist größter Hoffnungsträger für viele junge Menschen wie Ian, Innocent, Linet, Kevin und Lilian. Sie alle nehmen in der Gemeindebibliothek von Kibera an einer Schulung teil, in der sie digitale Skills lernen. Die Auszubildenden zeigen, wie ihnen das dabei geholfen hat, den Weg in die Zukunft der Arbeitswelt zu finden — und mit ihren Familien der Armut zu entkommen.

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Das EMPACT-Programm des WFP vermittelt digitale Fertigkeiten durch ein maßgeschneidertes, zielgerichtetes Berufsausbildungsprogramm und arbeitet mit führenden Technologieunternehmen wie Fiverr und Pluralsight zusammen, um Auszubildende mit Online-Arbeitsmöglichkeiten zu verbinden. Foto: Kevin Ogesi

Ian Kimaru, 27

Endlich bin ich in der Lage, genug Essen zu kaufen und eine eigene Bleibe zu mieten.

Vor EMPACT konnte ich mir nicht einmal das Nötigste — zum Beispiel Nahrung oder ein Dach über dem Kopf — leisten. Ich wohnte bei meiner Freundin und kam kaum über die Runden. Das digitale EMPACT-Training hat mein Leben verändert. In nur drei Monaten machte ich mich mit neuen IT-Tools vertraut und lernte Programmieren und Webentwicklung durch einen maßgeschneiderten Kurs auf der Lernplattform „Pluralsight. Diese neuen Fähigkeiten eröffneten mir enorme Möglichkeiten auf dem globalen digitalen Arbeitsmarkt, da ich jetzt freiberufliche IT-Jobs über das Internet erledigen kann. Endlich bin ich in der Lage, genug Essen zu kaufen und eine eigene Bleibe zu mieten. Schließlich konnte ich mir befristete IT-Jobs in zwei kleinen Organisationen sichern und ein Tech-Startup-Unternehmen mitgründen: Die Job-Matching-Plattform KaziWazi. In Suaheli bedeutet „kazi wazi" „offene Stellen". Wie der Name schon andeutet, soll die Plattform offene Stellen vermitteln, um Jugendliche mit Beschäftigungsmöglichkeiten zu verbinden. Vor kurzem wurde die Plattform in der drittgrößten Zeitung Kenias vorgestellt. Durch diese Plattform setze ich die durch EMPACT erworbenen Fähigkeiten optimal ein, indem ich meinen Altersgenossen aus Kibera helfe, ihren Platz in der Arbeitswelt zu finden.

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Aufbauend auf dem Wissen, das durch das EMPACT-Training für digitale Skills erworben wurde, wurde Ian Kimaru Mitgründer einer Online-Job-Matching-Plattform für junge Menschen in Kenia. Foto: Kevin Ogesi

Linet Ngina Mutua, 25

Die Ausbildung hat es mir ermöglicht, mein wahres Potenzial zu entdecken und an eine glänzende Zukunft zu glauben.

Ich habe durch die Gemeinschaftsbibliothek von EMPACT erfahren. Die Bibliothek ist das wichtigste Ressourcen- und Bildungszentrum für die Jugend Kiberas. Für viele von uns ist EMPACT mehr als nur ein Programm für digitale Skills — es war in erster Linie eine transformierende Erfahrung. Die Ausbildung hat es mir ermöglicht, mein wahres Potenzial zu entdecken und an eine glänzende Zukunft zu glauben. Heute kann ich in Python programmieren und für das Web schreiben. Mit diesen neuen Fähigkeiten bin ich aus der Armut in die Selbstständigkeit gelangt, indem ich freiberuflich online Geld verdiene. Ich bin begeistert von den Aussichten, die die digitale Wirtschaft jungen Menschen in Kibera bietet, und ich bin jetzt optimistisch, die Armut in unserer Gemeinschaft für immer zu beseitigen.

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Von links nach rechts: Lilian Simiyu, Linet Ngina Mutua, Kevin Ogesi und Innocent Wanyama studieren gemeinsam in der Gemeinschaftsbibliothek in Kibera. Foto: Kevin Ogesi

Kevin Ogesi, 20

Bei der Arbeitssuche habe ich mich immer auf Mundpropaganda verlassen, was mehr Zeit in Anspruch nahm als es nützlich war.

Vor EMPACT habe ich mich nicht so sehr für Online-Plattformen interessiert, da sie nicht greifbar und weit entfernt von der täglichen Realität in Kibera zu sein schienen. Bei der Arbeitssuche habe ich mich immer auf Mundpropaganda verlassen, was mehr Zeit in Anspruch nahm als es nützlich war. EMPACT hat meine Sicht auf die Arbeitswelt völlig verändert. Ich habe erkannt, dass digitale Plattformen enorme Möglichkeiten für junge Menschen bieten. Auf „Pluralsight" habe ich alles gelernt — vom Navigieren im Web über die Erstellung von Online-Inhalten, bis hin zu den Basics im Programmieren. Auf „Fiverr" gebe ich Gebote ab, um freiberuflich tätig zu werden und Geld zu verdienen. Endlich bin ich selbstständig und habe eine klare Vorstellung davon, wie meine Zukunft aussehen könnte.

Innocent Wanyama, 35

Ich war ein IT-Support-Spezialist, der Schwierigkeiten hatte, einen Job zu bekommen.

Ich studiere derzeit die Cloud-Technologie und andere gefragte Google-Entwicklerskills. Aber bei EMPACT geht es nicht nur um IT-Training. Im Programm habe ich auch mit wichtige Soft-Skills gelernt. Vor EMPACT war ich ein IT-Support-Spezialist, der Schwierigkeiten hatte, einen Job zu bekommen. Ich habe versucht, mich für freiberufliche Stellen bei „Fiverr" zu bewerben, aber es ist mir nie gelungen. Durch die EMPACT-Kurse in Soft-Skills und Life-Skills wurde mir klar, dass Kommunikation und persönliche Vermarktung genauso wichtig sind wie meine technischen Fähigkeiten. Entscheidend war für mich, zu lernen, wie man einen überzeugenden Lebenslauf schreibt, Interviews mit potenziellen Arbeitgeber*innen führt und auf freiberuflichen Job-Plattformen wie „Fiverr" und „Upwork" auftritt. Jetzt weiß ich, wie ich meine IT-Dienstleistungen auf dem Online-Stellenmarkt vermarkten und verkaufen kann. Aber Lernen ist ein lebenslanger Prozess und ich möchte in dem, was ich tue, besser werden. Ich glaube, meine Ausdauer und Entschlossenheit werden meinen Weg zu einer sinnvollen Karriere lenken.

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Innocent Wanyama studiert derzeit über EMPACT Cloud-Technologie und andere gefragte Google-Entwicklerskills. Foto: Kevin Ogesi

Lilian Simiyu, 24

Wir arbeiten als Team und unterstützen uns gegenseitig, und ich glaube, dass wir eine positive Veränderung in unserer Gemeinschaft bewirken können.

Ich war früher ängstlich und fühlte mich nach meinem Abschluss an der „United States International University Africa" verloren. Meine Teilnahme bei EMPACT im Januar 2020 war ein Wendepunkt in meinem Leben. Ich bin nicht nur technikbegeistert geworden und habe gut bezahlte freiberufliche Stellen gefunden, sondern habe auch gleichgesinnte Freund*innen gefunden. Ich hoffe, dass EMPACT weiterhin mehr junge Menschen ausbilden wird, da uns das Programm auch dabei hilft, unser berufliches Netzwerk aufzubauen und uns von informellen Jobs fernzuhalten. Wir arbeiten als Team und unterstützen uns gegenseitig, und ich glaube, dass wir eine positive Veränderung in unserer Gemeinschaft bewirken können.

Über EMPACT

EMPACT-Teilnehmer*innen, Durchführungspartner und unsere Kolleg*innen in den WFP-Länderbüros setzen dieses ambitionierte Projekt um. Wir hoffen, dass EMPACT 2021 auf weitere Länder ausgeweitet und in bereits operativen Ländern ausgebaut wird, damit noch mehr Jugendliche neue Möglichkeiten bekommen. Gerade jetzt, wo COVID-19 immer mehr Menschen in Armut und Hunger stürzt.

Elisa Molena, Projektleiterin von EMPACT

Da die Welt in Zeiten von COVID-19 einen massiven Wandel hin zur Fernarbeit durchmacht, setzt EMPACT marginalisierte Jugendliche auf die Überholspur des digitalen Arbeitsmarktes. Seit seinem Start in Kibera im Januar 2020 hat das Programm 60 Teilnehmer*innen mit Einkommensmöglichkeiten als Online-Freelancer verbunden. Dadurch konnten sie ein Einkommen erzielen, Nahrungsmittel kaufen und ihre Familien unterstützen. In seiner zweiten Phase im Jahr 2021 wird das Programm in Kenia weiter ausgebaut und die laufenden Aktivitäten im Irak, im Libanon sowie in der Türkei weitergeführt. In der Türkei wurde im Oktober 2020 in Istanbul sogar ein neuer Campus eröffnet. Weltweit erhielten durch EMPACT mehr als 6.700 vertriebene Jugendliche und junge Menschen aus einkommensschwachen Haushalten Zugang zu Online-Arbeitsmöglichkeiten und bauten sich damit robust Existenzgrundlagen auf.

Wir danken unseren Gebern, den Regierungen Deutschlands, Luxemburgs, der Niederlande, sowie USAID für ihre großzügige Unterstützung der Arbeit des WFP Innovation Accelerators.