WFP warnt: In sechs Krisenregionen drohen massive Ausfälle bei Hilfseinsätzen
ROM – Das UN-Welternährungsprogramm (WFP) hat heute gewarnt, dass sechs der wichtigsten humanitären Einsätze bis Ende des Jahres von gravierenden Unterbrechungen in der Versorgung mit Ernährungshilfe betroffen sein könnten – mit potenziell tödlichen Folgen. Grund ist der drastische Rückgang globaler humanitärer Finanzierung. Ohne zusätzliche Mittel könnten Millionen gefährdeter Menschen lebensrettende Unterstützung verlieren – in einer Zeit, in der der weltweite Hunger ein Rekordhoch erreicht hat.
Die Warnung erfolgt parallel zur Veröffentlichung des neuen WFP-Berichts A Lifeline at Risk der zeigt, dass Kürzungen der WFP-Hilfe 13,7 Millionen Menschen von der Hungerstufe „Krise“ (IPC3) in die Stufe „Notfall“ (IPC4) treiben könnten – ein Anstieg um ein Drittel.
„Die Welt steht vor einer Welle akuten Hungers, die Millionen der Schwächsten bedroht – und die Mittel, um zu helfen, versiegen“, sagte WFP-Exekutivdirektorin Cindy McCain. „Jede gekürzte Ration bedeutet ein hungriges Kind, eine Mutter, die eine Mahlzeit auslässt, oder eine Familie, die ihre Überlebenshilfe verliert. Das lebenswichtige Netz, das Millionen Menschen trägt, wird vor unseren Augen zerschnitten.“
Sechs kritische Operationen in Gefahr
Die WFP-Einsätze in Afghanistan, der Demokratischen Republik Kongo (DRK), Haiti, Somalia, Südsudan und Sudan stehen vor massiven Störungen, die sich bis Jahresende weiter verschärfen dürften. Rationskürzungen und reduzierte Empfängerzahlen treffen Gemeinschaften, die bereits durch Konflikte, Vertreibung und Klimaschocks schwer belastet sind – besonders Kinder, Frauen, Geflüchtete und Binnenvertriebene leiden darunter.
- Afghanistan: Die Hilfe erreicht weniger als 10% der von Hunger betroffenen Menschen – trotz steigender Mangelernährungsraten.
- DR Kongo: Rekordhunger – WFP musste die Hilfe im Oktober auf 600.000 Menschen reduzieren (geplant waren 2,3 Millionen); ein vollständiger Ausfall der Versorgung droht bis Februar 2026.
- Haiti: Schulmahlzeitenprogramme wurden eingestellt, Familien erhalten nur noch die Hälfte der üblichen Monatsration.
- Somalia: Die Hilfe wurde mehrfach reduziert – im November werden nur noch 350.000 Menschen erreicht, gegenüber 2,2 Millionen im Vorjahr.
- Südsudan: Alle Empfänger erhalten reduzierte Rationen; ab Oktober fehlen einzelne Lebensmittel, da die Vorräte im Land aufgebraucht sind.
- Sudan: WFP unterstützt derzeit vier Millionen Menschen monatlich – bei insgesamt 25 Millionen Menschen im Land, die unter akuter Ernährungsunsicherheit leiden.
Auch die Krisenvorsorge ist betroffen: In Haiti gibt es erstmals seit 2016 keine Notfallvorräte für die Hurrikansaison, in Afghanistan wurde keine Nahrung für den Winter vorpositioniert.
Rekordhunger, schrumpfende Ressourcen
Weltweit leiden 319 Millionen Menschen unter akutem Hunger, darunter 44 Millionen auf Notfallniveau (IPC4). In Sudan und Gaza herrscht bereits Hungersnot. Besonders alarmierend: Die Zahl der Menschen in der Hungersnot-Stufe (IPC5) oder unmittelbar davor hat sich in zwei Jahren auf 1,4 Millionen verdoppelt.
WFP steht vor nie dagewesenen Finanzierungslücken: Für 2025 rechnet die Organisation mit 40% weniger Mitteln – ein Budget von 6,4 Milliarden US-Dollar, verglichen mit 10 Milliarden US-Dollar im Jahr 2024.
„Die Kluft zwischen dem, was wir tun müssten, und dem, was wir uns leisten können, war noch nie so groß“, so McCain. „Wir riskieren, jahrzehntelange Fortschritte im Kampf gegen den Hunger zu verlieren. Und es betrifft nicht nur Länder in akuten Krisen – auch Erfolge in Regionen wie der Sahelzone, wo 500.000 Menschen durch integrierte Programme unabhängig von Hilfe wurden, könnten ohne weitere Unterstützung zunichtegemacht werden.“
WFP ruft zu dringendem Handeln auf
Die Auswirkungen der Kürzungen sind je nach Einsatzgebiet unterschiedlich – doch eines bleibt gleich: WFP bleibt entschlossen, in den hungerndsten Regionen der Welt Hilfe zu leisten.
„Wir setzen uns weiterhin für alle 319 Millionen Menschen ein, die unter akutem Hunger leiden – nicht nur für jene, für die wir Mittel aufbringen können“, betonte McCain. „Die verheerenden Folgen von Kürzungen gefährden nicht nur Leben, sondern auch Stabilität, treiben Vertreibung voran und verschärfen soziale und wirtschaftliche Krisen. Schnelle und wirksame Ernährungshilfe ist ein entscheidender Schutzwall gegen Chaos in ohnehin überforderten Ländern.“
Eine erfolgreiche Reaktion auf die globale Ernährungskrise erfordert gemeinsames Handeln – von Regierungen, Zivilgesellschaft, privaten und öffentlichen Geldgebern sowie humanitären Organisationen. WFP appelliert an alle Beteiligten, alles zu tun, um lebenswichtige Programme zur Ernährungssicherung zu unterstützen. Der positive Einfluss auf Millionen Leben ist greifbar – wenn jetzt gehandelt wird.
Sechs kritische Operationen sind gefährdet:
Afghanistan: In Afghanistan sind 9,5 Millionen Menschen von Hunger betroffen – eine Zahl, die laut WFP weiter steigen dürfte. Für die kommenden sechs Monate klafft eine Finanzierungslücke von 622 Millionen US-Dollar. Bereits ab November drohen gravierende Versorgungslücken, wodurch WFP voraussichtlich nur 8% der Zielgruppe im Rahmen der humanitären Winterhilfe erreichen kann. Ohne ausreichende Unterstützung werden Millionen Menschen in den Wintermonaten leiden.
Demokratische Republik Kongo (DRK): In der DRK sind 28 Millionen Menschen – also jeder Vierte – von Hunger betroffen, darunter 10,3 Millionen im konfliktreichen Osten. Für 2025 plante WFP, alle 2,3 Millionen Menschen in IPC-Stufe 4 zu unterstützen. Aufgrund fehlender Mittel konnten in diesem Jahr jedoch nur 1 Million Menschen erreicht werden. Ab Oktober wird die Hilfe auf 600.000 Menschen reduziert, ein vollständiger Versorgungsausfall droht im Februar 2026. Die Finanzierungslücke für die nächsten sechs Monate beträgt 351,7 Millionen US-Dollar.
Haiti: In Haiti sind mehr als die Hälfte der Bevölkerung – 5,7 Millionen Menschen – akut von Hunger betroffen. Aufgrund von Finanzierungsverzögerungen musste WFP warme Mahlzeiten für kürzlich Vertriebene einstellen und die monatlichen Rationen für Menschen in der Notfall-Stufe halbieren. Die Finanzierungslücke für die nächsten sechs Monate beträgt 44 Millionen US-Dollar. Weitere Versorgungslücken könnten Anfang 2026 auftreten – mit Auswirkungen auf über 300.000 Menschen, insbesondere Frauen, Kinder und Vertriebene.
Somalia: In Somalia sind 4,4 Millionen Menschen stark von Hunger betroffen. Ab November werden Versorgungslücken erwartet, wodurch WFP gezwungen sein wird, die Zahl der Empfänger von Notfallhilfe auf nur noch 350.000 Menschen zu reduzieren. Bereits im April wurde die Hilfe halbiert – von 2,2 Millionen auf 1,1 Millionen Menschen. Die Finanzierungslücke für die nächsten sechs Monate beträgt 98,3 Millionen US-Dollar.
Südsudan: Im Südsudan leiden 7,7 Millionen Menschen unter akutem Hunger. WFP arbeitet unter extremen finanziellen Einschränkungen, was zu einer Priorisierung der Hilfe für Gemeinschaften in den Hungerstufen IPC4 und IPC5 führt. Alle 2,7 Millionen Empfänger erhalten nur 50–70 Prozent der vorgesehenen Rationen. Ab Oktober werden wichtige Nahrungsmittel – wie Hülsenfrüchte, Getreide, Pflanzenöl und nährstoffreiche Produkte zur Vorbeugung und Behandlung von Mangelernährung – fehlen. Die Finanzierungslücke für die nächsten sechs Monate beträgt 398,9 Millionen US-Dollar.
Sudan: Im Sudan sind 25 Millionen Menschen – also die Hälfte der Bevölkerung – akut von Hunger betroffen, in einigen Gebieten wurde bereits eine Hungersnot festgestellt. WFP unterstützt monatlich durchschnittlich 4,2 Millionen Menschen, darunter 1,8 Millionen in Regionen mit Hungersnot oder hohem Risiko. Versorgungslücken sind unmittelbar bevorstehend. Um die Hilfe auf 8 Millionen Menschen pro Monat ausweiten zu können – was notwendig ist, um die Ausbreitung der Hungersnot zu verhindern – benötigt WFP in den nächsten sechs Monaten 600 Millionen US-Dollar.
Hinweis für die Redaktion:
Der WFP-Bericht - A lifeline at risk: Food assistance at breaking point - prognostiziert, dass Kürzungen der WFP-Ernährungshilfe weltweit weitere 13,7 Millionen Menschen von der Hungerstufe „Krise“ (IPC3) in die Stufe „Notfall“ (IPC4) treiben könnten – ein Anstieg um ein Drittel der derzeitigen IPC4-Zahl. Diese Prognose berücksichtigt ausschließlich die Auswirkungen der Kürzungen auf Menschen, die aktuell WFP-Hilfe erhalten – nicht jedoch andere Faktoren, die die Ernährungssicherheit beeinflussen könnten.
Hochauflösende Fotos sind hier verfügbar.
# # #
Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) ist die größte humanitäre Organisation der Welt im Kampf gegen den Hunger. Wir retten Leben in Notfällen und ebnen mit Ernährungshilfe den Weg zu Frieden, Stabilität und Wohlstand für Menschen, die von Konflikten, Katastrophen und den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind.
Folgen Sie uns auf X (vormals Twitter) @WFP_DE