Sahel: Auf wieder fruchtbar gemachten Böden sprießt auch Frieden
von George E. Fominyen
Es ist ein heißer Oktobernachmittag im Bezirk Quallam in der Region Tillabery im Westen von Niger. Die Luft steht still und die Sonnenstrahlen treffen die harte, verkrustete rote Erde. Im krassen Kontrast zu dieser fast mondartigen Landschaft sieht man ein grünes Feld.
„Dieser Ort hat alles für uns verändert", erzählt Biba, eine Frau in ihren Fünfzigern, die dorthin zeigt, wo einige Männer und Frauen das Gras mit Sicheln ernten. Lachend fügt sie hinzu: „Es hat uns dabei geholfen, besser zusammenzuarbeiten und den Frieden hier zu wahren".
Ernährungshilfe: Ein Schritt Richtung Frieden und Stabilität
Biba und andere Bewohner*innen der drei Dörfer dieser Kommune haben mit der Arbeit für dieses gemeinschaftliche Resilienzprojekt begonnen, nachdem sie herausfanden, was für sie am wichtigsten war: Zerstörte Böden wieder nutzbar machen. Mit fruchtbaren Böden könnten sie Heu anbauen und damit das Vieh füttern, das sie züchten.
Hier im Sahel — dem breiten Streifen der sich südlich der Sahara zwischen dem Atlantischen Ozean und dem roten Meer über ganz Afrika erstreckt — sind 80 Prozent der Böden unfruchtbar. Diese Region ist eine der weltweit am stärksten vom Klimawandel betroffenen.
Konflikt und Hunger — Blick zurück, Blick nach vorn
Starke Wetterschwankungen verschlechtern den Zugang zu wichtigen Ressourcen und stören das empfindliche soziale Gleichgewicht zwischen Bauern und Hirten, die sich Wasser und Weideland teilen. Teilnehmer*innen des Projektes in Quallam entschieden sich für eine verbesserte alte Bewässerungsmethode, mit der man Wasser sammeln kann. Damit kann Land wieder fruchtbar gemacht werden, indem „Halbmonde" angelegt werden — halbmondförmige Gruben, die Regenwasser speichern und die Bodenqualität verbessern.
Dann pflanzten sie Gras an, das sie als Futtermittel benötigten. Mit Unterstützung des UN World Food Programme (WFP) hat die Gemeinde 93 Hektar Land wieder fruchtbar gemacht und so Weideflächen und Landwirtschaft möglich gemacht und Bäume gepflanzt.
„Wir verkaufen das Gras an Viehbesitzer und sichern so unser Einkommen", sagt Biba stolz. „Aber das ist noch nicht alles", hält sie fest. „Es bedeutet auch, dass wir keinen Konflikt mehr zwischen denen haben, die ihr Vieh ernähren und denen die Essen anbauen wollen. Alle aus den verschiedenen Dörfern arbeiten zusammen und wir lernen, uns gegenseitig zu verstehen."
Das ist gerade im zentralen Sahel sehr wichtig — auch in Burkina Faso und Mali, den Nachbarstaaten des Nigers, ist die Gewalt stark angestiegen. Sie zieht die Zivilbevölkerung zusehends in Mitleidenschaft und verschärft das Leid der Menschen, die ohnehin sehr anfällig für Klimaschocks sind. Maßnahmen zur Stärkung der Resilienz dienen als Puffer gegen Instabilität, indem sie die Solidarität unter Bevölkerungsgruppe fördern, soziale Sicherheitsnetze schaffen, landwirtschaftliche Produktionsflächen erhalten und wirtschaftliche Möglichkeiten für Gemeinschaften eröffnen.
In Burkina Faso führte die Mischung aus der starken Zunahme bewaffneter nichtstaatlicher Gruppierungen, der Bekämpfung der Aufstände durch staatliche Kräfte und internationale Verbündete, der Gewalt zwischen den Gemeinden und der Bildung bewaffneter Bürgerwehren zum weltweit schnellsten Anstieg der Vertreibung — mit aktuell mehr als 1 Million Binnenvertriebenen.
„Mir wurde gesagt, dass ich meiner eigenen Sicherheit zuliebe nicht ins Dorf zurückkehren sollte", sagt Paul, ein Vater von drei Kindern, der aus seinem Dorf in der Nähe von Barsologho fliehen musste. Er gehörte zu den katholischen Laien, die in der örtlichen katholischen Kirche lehrten.
„Ich glaube nicht, dass es um Religion geht", sagt Paul. „Arbeitslosigkeit spielt eine große Rolle. Die Jugendlichen hatten nichts zu tun und hatten keine Möglichkeit, Geld zu verdienen. Sie begannen mit Überfällen und stahlen Vieh. Dann verwandelten sich die kleinen Überfälle in Plünderungen. Hätten sie eine Beschäftigung oder gar Projekte wie dieses, an dem wir hier beteiligt sind, gehabt, hätten die Dinge auch anders laufen können."
Im April fanden er und seine Familie Zuflucht in Foutrigui in der Nähe von Kaya, der Provinzhauptstadt von Sanmatenga im Norden des Landes. Die aufnehmenden Gemeinschaften nahmen ihn zusammen mit anderen Binnenvertriebenen in WFP-Projekte für Resilienz und Lebensgrundlagen auf. Ein Damm wurde gebaut, der dabei hilft, 4,5 Hektar Land zu bewässern. Das angepflanzte Gemüse — etwa Zwiebeln — ermöglicht den Familien ein Einkommen.
Seit 2018 hat WFP in Abstimmung mit Regierungen und Partnern die Maßnahmen zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit in den G5-Ländern der Sahelzone (Burkina Faso, Tschad, Mali, Mauretanien und Niger) ausgeweitet und gefährdete Gemeinschaften mit einem Paket von sich gegenseitig ergänzenden Hilfsprogrammen unterstützt.
Bislang haben in der Region mehr als 1,4 Millionen Menschen von den integrierten WFP-Resilienzmaßnahmen profitiert. Allein in Niger, Mali und Burkina Faso konnten mehr als 1 Million Bedürftige erreicht werden. Mehr als 40.000 Hektar zerstörtes Land wurden wieder fruchtbar gemacht und 500 Hektar Gärten wurden angelegt, um frisches Gemüse und Obst anzubauen. Dieses Obst und Gemüse wird unter anderem für Schulmahlzeitenprogramme verwendet.
„Bei der Stärkung der Widerstandsfähigkeit in der Sahelzone geht es zunehmend darum, wieder Hoffnung zu schaffen, indem die Ursachen von Hunger, Ungleichheit und Konflikten angegangen werden", sagt Chris Nikoi, WFP-Regionaldirektor für Westafrika. „Wenn ausgedörrte Landschaften aufbereitet werden und wieder Gras oder Getreide angebaut werden kann, wenn Kinder in der Schule bleiben und junge Menschen Arbeit finden können, wenn Frauen Wasser finden und Gemüsegärten bewässern können, wenn Familien nahrhafteres Essen zu sich nehmen und Medikamente kaufen können: Das ist Resilienz — und das ist es, was Frieden bringt."
Paul fügt hinzu: „Es ist sehr freundlich von den Menschen hier, dass wir mit ihnen zusammenarbeiten dürfen. Es hat eine gewisse Stabilität gebracht, denn auch ohne unsere eigene Hirse zum Essen anzubauen, können wir das Geld, das wir mit dem Verkauf von Zwiebeln verdienen, dazu verwenden, Nahrungsmittel für die Familie zu kaufen".